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Politik

Griechenlands Revolution lässt auf sich warten

25. Januar 2017

Mit Alexis Tsipras und seiner Syriza-Partei betrat vor zwei Jahren ein neuer Spieler die Bühne in Athen und Brüssel. Vieles sollte nun ganz anders werden, doch nur wenig hat sich geändert, meint Spiros Moskovou.

Alexis Tsipras am Abend seines ersten Wahlsieges vor genau zwei Jahren Bild: Reuters/A.Konstantinidis

Die linke Syriza unter der Führung des Jungpolitikers Alexis Tsipras, eine bis dahin völlig regierungsunerfahrene Partei, gewann am 25. Januar 2015 die vorgezogenen Wahlen in Griechenland. Tsipras gewann die Wähler mit dem Versprechen, das Land von der traditionellen Korruption zu befreien und die Rettung des bankrotten Griechenlands mit den internationalen Geldgebern neu und vor allem mit Stolz zu verhandeln. Der Mann mit dem Auftreten eines Volkstribuns verkündete, er werde die verlorene Würde der krisengeplagten Griechen zurückerobern. Was ist nach zwei Jahren von diesen Versprechen geblieben?

In Athen und anderen Städten wird zwar das zweijährige Jubiläum der Machtübernahme gefeiert, der Enthusiasmus der verbliebenen Syriza- Klientel ist aber bescheiden. Die Bilanz der vermeintlich revolutionären Machtübernahme in Athen hat die Mehrheit der Griechen längst enttäuscht, wie auch die jüngsten Umfragen bezeugen. Danach würde Syriza bei Neuwahlen nur noch 20 Prozent der Stimmen erreichen, die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia unter dem aufstrebenden Kyriakos Mitsotakis dagegen 34 Prozent.

Populisten, keine verantwortungsvollen Regenten

Syriza hat sich sehr schnell als eine rein linkspopulistische Partei entpuppt - ein Ventil zwar für die Unzufriedenheit breiter Schichten der griechischen Gesellschaft, aber eben keinesfalls eine politische Kraft für die verantwortungsvolle Regierungsarbeit. Über Nacht schmiedete sie vor zwei Jahren eine Koalition ausgerechnet mit der rechtspopulistischen ANEL, um die nötige Mehrheit im Parlament zu sichern. Insgesamt dreimal zerrte sie 2015 die Wähler zur Urne mit der Bitte um Bestätigung der Regierungspolitik - eigentlich ein ausschweifender demokratischer Luxus für ein Land, das abhängig von den Geldzuwendungen seiner Partner ist.

Spiros Moskovou leitet die Griechische Redaktion der DW

Nach langem Zögern vereinbarte Syriza im Sommer 2015 ein drittes rigoroses Hilfspaket für Griechenland und kämpft seitdem mit der Umsetzung der darin vorgesehenen Reformen. Die inzwischen berüchtigte zweite Evaluation der griechischen Zusagen sollte bereits im Februar 2016 abgeschlossen sein, aber auch ein Jahr steht sie immer noch aus - mit verheerenden Folgen für die Refinanzierung der Wirtschaft. Ebenso wie alle Vorgänger-Regierungen seit 2010, war auch die Regierung Tsipras schnell bei der Einführung neuer Steuern, aber enttäuschend langsam bei der Umsetzung der zugesagten Reformen. In diesem Sinne ist die Syriza-Regierung gewiss kein neues Kapitel in der politischen Geschichte Griechenlands, sondern eher die hoffentlich letzte Folge der Vergangenheit.

Dies gilt auch für den groß angekündigten Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft. Zwar hat die Regierung Tsipras  die früher selbstverständliche Versorgung diverser Oligarchen mit dubiosen Staatsaufträgen gekappt. Im Gegenzug ist Syriza aber bei dem Versuch ertappt worden, neue Syriza-freundliche Oligarchen aufzubauen. So scheiterte zum Beispiel die Auktion und Vergabe der TV-Lizenzen am Widerspruch des Obersten Gerichtshofs. Das ganze Verfahren war von der Regierung als Vehikel zur Eroberung der Medienlandschaft konzipiert worden. Inzwischen recherchieren die Finanzämter die tatsächliche Bonität der verhinderten Medienmogule der Zukunft und anderer Syriza-freundlicher Unternehmer.

Die Geldgeber haben sich längst arrangiert

Für die internationalen Geldgeber Griechenlands sind die Kabinette von Alexis Tsipras nicht die schlechtesten Partner. Eine "linke" Regierungspartei hat immer bessere Chancen, Reformpakte durchzuboxen und den Wählern gegenüber strikte Sparprogramme zu rechtfertigen. Solch eine "progressive" Regierung  kommt ja irgendwie doch immer besser mit den aufmüpfigen Gewerkschaften zurecht.

Ein solches Kalkül kann jedoch unter der Voraussetzung aufgehen, dass die zu reformierende Wirtschaft wächst. In Griechenland aber ist diese Voraussetzung nicht gegeben: Die Wirtschaft schrumpft seit Jahren und die angeblichen Überschüsse des öffentlichen Sektors im vergangenen Jahr entstanden nur, weil der Staat seine Verbindlichkeiten gegenüber den privaten Unternehmen eingefroren hat. Also seine Schulden und Rechnungen nicht bezahlt. So bleibt Griechenland auch zwei Jahre nach dem Sieg von Syriza ein wirtschaftliches und soziales Pulverfass.

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