Kann das sein? Die G7 versprechen, sich von Kohle, Öl und Gas zu verabschieden? Die reichen Staaten, von denen viele seit Jahren die UN-Klimakonferenzen eher blockieren als voranbringen, allen voran die USA? Verständlich, dass sich die Umweltexperten von Greenpeace oder dem WWF, die die internationale Klimadiplomatie seit Jahren verfolgen, verwundert die Augen reiben.
Aber es stimmt, es steht Schwarz auf Weiß im Abschlussdokument von Schloss Elmau: Dekarbonisierung bis zum Ende dieses Jahrhunderts. Senkung der Emissionen bis 2050 um 40 bis 70 Prozent, eher am oberen Rand. 100 Milliarden Dollar jährlich ab 2020, um in den armen Staaten die erneuerbaren Energien voranzubringen und Klimaschutz zu betreiben. Das ist ein starkes Stück Gipfeldiplomatie und nicht zuletzt ein Sieg der Gastgeberin, Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Deutschland und Frankreich wollten den Erfolg
Bei näherer Betrachtung ist das Alles aber dann nicht mehr ganz so überraschend. Zum Einen bringen die Klimatermine und Zuständigkeiten in diesem Jahr Dynamik in die Sache: Deutschland führt die G7 und hatte sich früh vorgenommen, beim Klima einen Akzent zu setzen. Frankreich ist Ausrichter der UN-Klimakonferenz am Jahresende. Wenn alles gutgeht, trägt der neue Klimavertrag den Namen der französischen Hauptstadt, so wie der alte Klimavertrag Kyoto-Protokoll hieß. Das steigert den Ehrgeiz. Und US-Präsident Obama hat es aufgegeben, mit dem amerikanischen Kongress Klimapolitik zu betreiben.
Deshalb wird der Paris-Vertrag zwar ambitioniert ausfallen, das kann man wohl jetzt schon sagen. Aber er wird im Teil mit der Klimagasminderung eben nicht rechtlich verbindlich sein. Mit anderen Worten: Die Amerikaner stimmen zu, ohne sich wirklich zu verpflichten. Und bald danach endet dann die Präsidentschaft Obamas, dem man ein ehrliches Eintreten für den Klimaschutz durchaus abnehmen kann. Und weiter: Die Welt ist nicht mehr die gleiche wie noch 2007, als den heiligen Klimaversprechen des damaligen G8-Gipfels von Heiligendamm wenig Konkretes folgte. Die Technik zur Gewinnung erneuerbarer Energien kann mittlerweile auch in entlegensten Gebieten der Welt kostengünstig installiert werden, wichtige Schwellenländer wie China oder Brasilien haben erkannt, dass sie ihre Zukunft nicht auf Öl, Kohle oder Gas aufbauen können.
Um dennoch noch etwas Wasser in den Wein zu gießen: Es ist eine leichte Übung, ein Versprechen zu formulieren, dass dann die nächste oder übernächste Generation in die Tat umsetzen muss (Ende von Kohle, Öl und Gas in diesem Jahrhundert). Und der Fracking-Boom etwa in den USA hat gezeigt, dass es auch noch viele Marktteilnehmer gibt, die sich einen Teufel um das angeblich bevorstehende Ende des fossilen Zeitalters scheren.
Jetzt kann die Pariser Klimakonferenz gelingen
Aber genug gemeckert: Dieser G7-Beschluss bietet die Chance, in Paris den großen Graben zu schließen, der eigentlich noch fast jede Klimakonferenz zum Scheitern gebracht hat: Die Entwicklungs- und Schwellenländer trauen den reichen Demokratien nicht und wollen erst einmal Vorleistungen sehen. Das Versprechen, 100 Milliarden Dollar ab 2020 für sie zur Verfügung zustellen, ist zwar auch nicht neu (erdacht 2009 in Kopenhagen), die Bekräftigung ist aber viel Wert. Zumal die Startfinanzierung auch durch deutsches Engagement auf gutem Wege ist. So kann es also tatsächlich sein, dass die ganzen Mühen (und Leiden) der Karawane aus Politikern, Umweltschützer, Wirtschaftsvertretern (und Journalisten), die da jedes Jahr von Konferenz zu Konferenz zieht, sich am Ende doch lohnt. Und wenn es so kommt, war der G7-Gipfel von Schloß Elmau dafür ein wichtiger Schritt. Gut gebrüllt, Löwe!