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Politik

Neuland ist aufgewacht

DW Sendung Quadriga 13.06.2019
Maximiliane Koschyk
5. April 2018

Vom Facebook-Skandal sind auch deutsche Nutzer betroffen - und plötzlich ist das Entsetzen hierzulande groß. Wann lernt Deutschland endlich, dass das Internet kein nationales Problem ist, fragt sich Maximiliane Koschyk.

Bild: picture-alliance/Bildagentur-online/E. Elissee

"Das Internet ist für uns alle Neuland." Es ist erst viereinhalb Jahren her, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel derart auf den NSA-Spionageskandal reagierte. Schon damals bewegten sich drei von vier Bundesbürgern im angeblichen "Neuland" Internet. Heute verbringt der Durchschnittsdeutsche bereits 73 Minuten täglich in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter.

Viel geändert hat sich an der deutschen Mentalität trotzdem nicht. Den Missbrauch von rund 50 Millionen Facebook-Nutzerdaten durch Cambridge Analytica nahm man zwar besorgt zur Kenntnis - sicherlich. Aber der richtige Schock kam erst, als bekannt wurde, dass auch über 300.000 deutsche Nutzer betroffen sein könnten.

Die Aufklärung ist nur einen Klick entfernt

Wirklich schockierend ist hingegen, wie überrascht manche über die Erkenntnis sind, dass von internationalen digitalen Problemen alle die betroffen sind, die sich in einem internationalen digitalen Raum bewegen. In Deutschland kritisieren Datenschützer schon seit Jahren Konzerne wie Facebook und Google für ihre Geschäftspraxis und wissen: Für die global agierenden Internetriesen gelten nationale Grenzen ohnehin nur sehr eingeschränkt.

DW-Hauptstadtkorrespondentin Maximiliane KoschykBild: DW/B.Riegert

Das Internet ist voll von Möglichkeiten, sich als mündiger Bürger über die Risiken und Nebenwirkungen der globalen Riesenmaschine Internet zu informieren, in der wir uns alle tagtäglich bewegen. Diese Poesie des Internets hat auch nach Jahrzehnten nicht ihren Reiz verloren. Die digitale Aufklärung ist - vorausgesetzt man hat freien Internetzugang und die notwendige Bandbreite - nur einen Klick entfernt.

Die digitalen Don Quijotes

Aber dass das Internet nicht nur Segen, sondern auch Fluch ist, sollte man in Zeiten von Fake News ebenfalls begriffen haben. Sollte. "Der 1. April", schrieb ein Kollege vor einigen Tagen sehr treffend, "ist der einzige Tag, an dem die Menschen das, was im Netz passiert, hinterfragen."

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Die digitalen Aufklärer müssen sich bisweilen fühlen, als kämpften sie gegen Windmühlen - auch mit Blick auf den eigenen Staat. Die neue Bundesregierung hat vier Jahre nach der "Neuland"-Entdeckung immerhin die Digitalisierung zum Fokus für die nächste Legislaturperiode erkoren, inklusive einer eigenen Staatsministerin für Digitales.

Doch Skeptiker haben guten Grund, dieses Vorhaben mit gebremstem Enthusiasmus zu beobachten. Wenn etwa der neue Verkehrsminister Andreas Scheuer vorschlägt, Funklöcher künftig per App zu melden. Wie es ein Internetnutzer so schön formulierte: "Das muss man erstmal sacken lassen."

Egal, was mit Facebook passiert: Die Vernetzung bleibt

Diese behördliche Melderegistermentalität zeigt, dass man in Deutschland immer noch nicht verstanden hat, worum es beim Internet wirklich geht: Es ist nämlich keine Frage, ob sich Facebook behaupten wird oder nicht, ob Nutzer diesem Anbieter kündigen oder nicht. Das Konzept des digitalisierten Netzwerks ist eine zentrale Errungenschaft unseres Zeitalters, die sich nicht mehr rückgängig machen lässt. Vor Facebook sind schon ganz andere Internetkonzerne gescheitert (#neverforgetmyspace) und haben so den Boden für Neues bereitet.

Und da es keinen Führerschein braucht, um munter auf der Datenautobahn umherzufahren, scheint ein Großteil der Nutzer das Grundlegende des Netzes zu vergessen: Sie sind dort freiwillig, und sie geben freiwillig ihre Daten preis. Digitale Teilhabe wird immer wichtiger und es sollte in einem technisch hoch entwickelten Land wie Deutschland auch Aufgabe des Staats sein, sie zu ermöglichen und zu sichern. Aber sie ist auch ein Privileg. Und dafür müssen Bürger das Engagement zeigen, sich mit dieser Verantwortung dauerhaft auseinanderzusetzen - nicht erst dann, wenn der nächste Skandal kommt.

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