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Kommentar: Hamas muss sich reformieren

Naser Shrouf27. Januar 2006

Die Ergebnisse der palästinensischen Wahlen stellen die Hamas vor große Herausforderungen. Sie muss sich reformieren, um den Palästinensern mehr Sicherheit zu bringen. Ein Kommentar von Naser Shrouf.

Wie die Wahlen in den palästinensischen Gebieten ausgegangen sind, war absehbar, wenn auch nicht in dieser Dimension. Eine 18 Jahre alte, islamisch orientierte und im Westen als Terrororganisation gebrandmarkte Organisation erobert die Macht durch freie Wahlen. Warum nicht? Es gab zahlreiche Gründe dafür, die seit zehn Jahren regierende national-säkulare Fatah-Partei von Präsident Abbas abzuwählen: Korruption, Misswirtschaft, innere Kämpfe, sozialer Niedergang usw. haben mit der Zeit ein so großes Maß angenommen, dass auch einstige Sympathisanten der Fatah Kandidaten der radikalislamischen Bewegung gewählt haben, ohne unbedingt mit dessen Programm einverstanden zu sein.

Die Schuldfrage darf nicht nur bei der palästinensischen Seite gesucht werden, denn Israel und der Westen tragen ebenfalls eine große Schuld an der Popularität der Hamas und damit am Wahlausgang. Präsident Abbas und die palästinensischen Reformkräfte haben nicht genug Unterstützung beim Westen gefunden. Die Wirtschaftslage ist katastrophal, die Arbeitslosigkeit liegt bei über 60 Prozent, es gibt keine politische Perspektive und keine Sicherheit. Kurz vor den Wahlen hat Abbas seinem Volk mitgeteilt, dass bei Israel nichts mehr zu holen sei. Er sei resigniert. Die Lage des Präsidenten ist ein Indiz für die Lage des Volkes insgesamt, das seinen Schutz nun woanders sucht. Da kam der Wahlslogan der Hamas "Der Islam ist die Lösung" den Wählern nur recht.

Mit dem Sieg bringt die Hamas nicht nur die palästinensische und israelische Führung in massive Bedrängnis, sondern auch sich selbst. Sie wirkte am Donnerstag (26.1.) irritiert, verunsichert. Ismael Hanieh, Hamas Spitzenkandidat, wich in einem Interview zahlreichen Fragen aus. Er sprach von "Partnerschaft", aber nicht von "Koalition". Auf die Frage, was er unter Partnerschaft verstehen würde, antwortet der charismatische Hamas-Führer: "Wir brauchen jetzt keinen Streit über das Regieren und die Regierung, sondern wir müssen die PLO reformieren." Der Moderator wiederholte seine Frage, aber Hanieh wiederholte, dass Hamas eine Beteilung aller Kräfte suche, in welcher Form auch immer. Doch die Mitglieder der Fatah lehnen jede Beteiligung an einer Hamas geführten Regierung kategorisch ab.

Es liegt nun an der Hamas selbst, eine Politik zu gestalten und zu verfolgen, die den Palästinensern Sicherheit und Hoffnung verschafft. Dies lässt sich mit der bisherigen politischen Linie der Hamas nicht realisieren. Die Versorgung der armen Palästinenser mit Brot, Zucker, Mehl und Kindergartenplätzen mag ihr Popularität und Stimmen gebracht haben, aber der Region bringt das keinen Frieden. Die künftige Regierung muss eine Antwort auf die Frage geben, wie sie mit der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten möchte, um die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung zu verbessern. Gewalt und wirtschaftlicher Fortschritt schließen sich gegenseitig komplett aus.

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