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Politik

Hass im Herzen Deutschlands

Ines Pohl Kommentarbild App
Ines Pohl
20. Februar 2020

Gezielte Schüsse auf Menschen mit Migrationshintergrund mitten in der Stadt Hanau. Diese brutale Gewalt muss nun endlich Politik und Gesellschaft auf den Plan rufen, meint DW-Chefredakteurin Ines Pohl.

Blumen und Kerzen vor einer der Shisha-Bars, deren Gäste erschossen wurdenBild: Reuters/R. Orlowski

Jetzt also Hanau. Zum dritten Mal innerhalb weniger Monate haben sich Hass und Irrsinn Bahn gebrochen in Deutschland. Nachdem der konservative Politiker Walter Lübcke im Juni des vergangenen Jahres wegen seines Engagements für Flüchtlinge vor seinem Haus ermordet wurde, war es im Oktober in Halle einzig die stabile Tür einer Synagoge, die einen Rechtsradikalen daran hinderte, ein Blutbad in dem vollbesetzten Gotteshaus anzurichten. Und nun hat ein Mann in Hanau bei Frankfurt zehn Menschen getötet. In einem Video hatte der Mann Rassismus und Verschwörungstheorien verbreitet, bevor er die Gäste zweier Shisha-Bars und am Ende noch seine eigene Mutter ermordete.

Nährboden für Mörder inmitten der Gesellschaft

Diese Täter eint der Hass auf alles, was nicht in ihre völkische Definition von Deutschland passt. Egal, ob sie untereinander vernetzt waren und mit anderen rechtsradikalen Menschen oder Gruppen in Kontakt standen, oder auch nicht: Deutschland muss akzeptieren, dass diese Eskalation des Hasses im Herzen unseres Landes angekommen ist. Politiker wie die Zivilgesellschaft müssen sich damit auseinandersetzen, dass der Nährboden dieser Mörder die rassistischen, frauenfeindlichen und rechtsextremen Ideologien sind, die in vielen Kreisen wieder salonfähig werden.

DW-Chefredakteurin Ines PohlBild: DW/P. Böll

Diese Morde sind keine isoliert voneinander zu betrachtenden Einzeltaten. Egal, ob sich diese menschenverachtende Gewalt gegen weltoffene Politiker, Juden oder Muslime richtet: Sie sind Ausdruck dessen, was im gesellschaftlichen Klima Deutschlands wieder gedeihen kann. Und sie sind ein schrecklicher Weckruf dafür, dass wir überprüfen müssen, ob der Staat noch die richtigen Instrumente hat, um seine hoheitliche Aufgabe wahrzunehmen, die individuelle Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Und zwar so, wie es unser Grundgesetz vorschreibt - nämlich unabhängig von Herkunft, Religion oder Geschlecht.

Der Hass und Irrsinn im Netz bringt den Tod

Welche Maßnahmen können also ergriffen werden, um die Hass- und Irrsinnsblase im Netz auszutrocknen? Denn es ist eben kein virtueller Kosmos von armen und verwirrten Seelen, die sich dort - unter dem Schutz der Informationsfreiheit - austoben können. Hanau ist ein weiterer Beleg dafür, dass diese Volksverhetzung nicht folgenlos bleibt. Sondern den Tod bringt.

Die Politik muss nun klar, schnell und eindeutig reagieren. Nicht nur mit Worten. Sonst wird die Situation irgendwann kippen und am Ende alles auf dem Spiel stehen, was unseren Rechtsstaat mit seinen individuellen Freiheitsrechten ausmacht. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat gute Worte gefunden: Es ist richtig, dass "Rassismus ein Gift" ist. Aber die Diagnose allein reicht nicht. Die Antwort muss eine klare Kampfansage sein: Gegen alle menschenverachtenden Ideologien! Und gegen ihre Verbreitung im Netz. Diese Verantwortung kann nicht allein an Facebook oder Twitter oder andere Großkonzerne delegiert werden.