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Hoffnung trotz Trauer

Peter Hille Bonn 0051
Peter Hille
17. April 2015

Deutschland hat von den Opfern des Flugzeugabsturzes in den französischen Alpen Abschied genommen. Bundespräsident Gauck fand bei der bewegenden Trauerfeier die richtigen Worte, meint Peter Hille.

Bild: Reuters/O. Berg

150 Kerzen flackerten vor dem Altar im Kölner Dom. Im Trauergottesdienst wurde heute an alle Toten des Flugzeugabsturzes vom 24. März gedacht. Auch an Andreas L., der Germanwings-Flug 9525 als Co-Pilot wohl mit Absicht ins Verderben führte. "Wir bitten für alle Opfer des Flugzeugunglücks", so wurde gebetet.

Das sei eine Zumutung für die Angehörigen, sagte mir eine Frau vor dem Kölner Dom. Diese Tat könne man nicht verzeihen. Sicher, den mit ins Gebet einzuschließen, der mutmaßlich zum Mörder der eigenen Frau, des eigenen Kindes wurde - das scheint schier unmöglich.

Auch die 150. Kerze im Blick

Und doch haben viele der Angehörigen der Opfer des Flugzeugunglücks in den französischen Alpen genau das heute getan: Sie haben gemeinsam getrauert und dabei auch diese 150. Kerze im Blick gehabt. In ihrer Trauer, ihrer Wut, ihrem Zorn haben sie Menschlichkeit zugelassen dem gegenüber, der uns unmenschlich erscheint. Das bewundere ich. Ich weiß nicht, ob ich selbst dazu in der Lage wäre.

Psychische Krankheit in unserer Umgebung bringt uns aus der Fassung, ein Suizid zur Verzweiflung. Und ein mutmaßlicher Massenmord? Uns fehlten die Worte für diese Tat, sagte Bundespräsident Gauck beim anschließenden Staatsakt im Kölner Dom. Und fand dennoch die richtigen Worte, sparte nicht das aus, was seit dreieinhalb Wochen Menschen in Deutschland und aller Welt bewegt: Die Frage nach dem Warum, nach den Motiven des Co-Piloten. "Wir wissen nicht wirklich, wie es in seinem Kopf aussah", so Gauck. "Wir wissen aber, dass auch seine Angehörigen am 24. März einen Menschen verloren haben, den sie geliebt haben."

DW-Redakteur Peter Hille

Manchmal wird Joachim Gauck belächelt für sein pastorales Pathos. Heute jedoch war der Pastor in ihm wichtiger als der Bundespräsident. Denn was kann der Staat, was kann sein Oberhaupt bieten, angesichts dieses schrecklichen Unglücks, dieser unverständlichen Tat, der unendlichen Trauer? Der Staat hat die Aufgabe, seine Bürger zu schützen. Wo das misslingt, muss er Unrecht aufklären und ahnden, kann Schaden mit Geld kompensieren. Aber Trost spenden? Mit unseren großen Fragen stehen wir alleine da, vor Leid und Tod schützt kein staatliches Solidarprinzip.

Vertrauen macht Gemeinschaft aus

Eine Gemeinschaft braucht mehr: Sie braucht Vertrauen und gegenseitige Hilfe. Ein Leben ohne Vertrauen sei nicht vorstellbar, sagte der Bundespräsident. Und weil er nicht nur Präsident ist, sondern auch Pastor, verwies er auf die Heiligen Drei Könige, deren Gebeine in einem Schrein im Kölner Dom ruhen sollen: "Ich wünsche uns einen Stern, der uns sicher und klar leitet durch die Dunkelheiten unseres Lebens", sagte Gauck. Fließend ging der Trauergottesdienst in Köln in den Staatsakt über. Mehr Predigt als Ansprache war die Rede des Bundespräsidenten. Gut, dass wir in einem verfassten Gemeinwesen leben, mit klaren Regeln. Und gut, dass uns mehr zusammenhält als das.

Füreinander zu einem "Zeichen der Hoffnung" zu werden, damit "Leid und Trauer uns nicht gefangen halten", mit dieser Fürbitte beendet Kardinal Woelki den Trauergottesdienst in Köln. Ein frommer Wunsch, ja. Aber angesichts von unendlich viel Trauer und Leid auf der Welt - über die Toten des Flugzeugunglücks, die ertrunkenen Flüchtlinge im Mittelmeer, die Kriegstoten in Syrien und anderswo - vielleicht auch die einzige Möglichkeit, nicht am Leben zu verzweifeln.

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