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Politik

Immer auf Anfang

29. November 2018

Nach langer Zeit hat Bundesinnenminister Horst Seehofer die Islam-Konferenz wieder auf den Weg gebracht. Das Warten hat sich gelohnt, meint Christoph Strack. Denn nun gibt es ernste Debatten zu tatsächlichen Kernfragen.

Bild: Reuters/H. Hanschke

Alles auf Anfang. Wieder einmal ging eine Deutsche Islam-Konferenz an den Start. Und wieder gab es im Vorfeld Debatten über das dem Thema innewohnende Konfliktpotenzial. Rituale. Diesmal kam noch die Person des Gastgebers hinzu: Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte im Frühjahr noch mit Äußerungen zum Islam für Aufsehen gesorgt.

Aber der zweitägige Auftakt des neuen Dialogs war alles andere als ein Ritual. Das lag auch an Seehofers besonnenem, sachkundigen, fast schon selbstironischen Auftritt zur Eröffnung. Und seiner Bekräftigung: "Die Muslime gehören zu Deutschland." Es lag aber vor allem an der breiten Aufstellung der Teilnehmer. Da saßen liberale und säkulare, konservative und auch sehr konservative Muslime im gleichen Raum, auf der gleichen Bühne. Diskutierten und stritten. Manchmal grenzte es an Beschimpfungen und war nah am Eklat. Aber sie blieben zusammen, sprachen über innermuslimische Streitthemen, Verletzungen, Enttäuschungen. Am zweiten Tag fand die Diskussion kaum ein Ende. Ein Austausch, der so dringend notwendig ist. Die Sorge um die eigene Identität führt selbst in diesem geschützten Raum zu Abschottungen.

Mit mehr Frauen und neuer Aufrichtigkeit

In dieser Aufrichtigkeit gelang das wohl bei keiner der bisherigen drei Islam-Konferenzen. Auch bei den christlichen Großkirchen in Deutschland wäre es immer noch ein Spaß, Bischöfe und Vertreter der sehr kritischen Kirchenbasis oder fromme Pietisten und forsche Links-Protestanten zusammenzuholen. Und bei keiner der vorangegangenen Islam-Konferenzen waren muslimische Frauen, selbstbewusst und dialogfreudig, in ähnlichem Maße eingebunden.

Christoph Strack ist Korrespondent im HauptstadtstudioBild: DW/B. Geilert

Dahinter steckt der Ansatz, die gut 4,5 Millionen Muslime in Deutschland besser abzubilden. 2006, zum Auftakt der ersten Islamkonferenz, konnten noch einzelne Verbände mit Abzug ihrer Vertreter drohen, gingen diesen Schritt auch mal. Die Verbände bleiben wichtig. Aber sie sind nun nicht die einzigen Adressaten und Partner.

Gerade die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), der über 930 der geschätzt 2500 Moscheen in Deutschland angehören, steht in Deutschland seit Monaten in der Kritik - Geld, Imame und Vorgaben kommen seit der Gründung 1984 aus Ankara. Ganz aktuell: Erst am vergangenen Wochenende trat der DITIB-Landesvorstand in Niedersachsen zurück - aus Protest gegen die wachsende Einflussnahme aus der Türkei. All das verbaut jede rechtliche Anerkennung "des" Islam in Deutschland. Denn so lange Geld und Ideologie aus dem Ausland kommen, kann es keine verfassungsrechtlichen Regelungen mit dieser Religion geben.

"Den" Islam gibt es nicht

Um so wichtiger war die breite Aufstellung des Teilnehmerkreises. Denn deutlich ist: Islam in Deutschland - das sind längst nicht nur Verbände und Moscheen. Das ist eben auch Heimat und neue Tradition, auch breite Sozialarbeit und engagierte Flüchtlingshilfe. Das ist eine beeindruckende Vielfalt der sprechfähigen Musliminnen und Muslime.

Was dann nun "der" Islam in Deutschland ist, lässt sich heute schwerer sagen als 2006. Klar - alle schrien auf, als Seehofer im Frühjahr sagte, "der Islam gehört nicht zu Deutschland." Sein Wort klang zu sehr nach Kampfansage und der üblichen Ausgrenzung. Aber was denn nun "der" Islam sei, das konnte auch jetzt dem Minister niemand sagen. So sind alle Beteiligten ehrlicher geworden. Der Staat wird dieser Vielfalt entgegenkommen müssen. Seehofer wurde schon konkret beim Thema der praktischen Imam-Ausbildung: Er pocht und hofft auf einen Start in 2019. Und der Staat begegnet gerade in der jüngeren Generation einer Gesprächsbereitschaft und -kompetenz, die stärker ist als bei allen früheren Islam-Konferenzen. Für beide Seiten gilt: Sie werden noch lange nicht aufhören dürfen, immer neu anzufangen.

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