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Politik

Populistische Gefahr für die EU

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert
21. Mai 2018

Die populistische Regierung in Italien ist nicht vom Himmel gefallen, sondern gewählt worden. Ihr Regierungsprogramm birgt einige Sprengkraft für die EU, fürchtet Bernd Riegert.

Bild: imago/R. Peters

Italiener misstrauen grundsätzlich ihren Politikern, die sie abfällig "die Kaste" nennen. Italienische Politiker tun selten das, was sie im Wahlkampf versprochen haben. Einmal an der Macht, geht es oft auch um den eigenen Vorteil. Das waren mehr oder weniger die ehernen Gesetze im politischen Leben Italiens. Jetzt sind tatsächlich die nationalistischen Populisten von ganz rechts und von eher links an der Macht.

Sie versprechen historischen Wandel, eine Revolution, echte Sorge um die Bürger. Gelten die ehernen Gesetze nun nicht mehr? Oder wird sich die neue unerfahrene, aber sehr selbstbewusste Koalition bald schon nicht mehr an die ambitionierten und teils gefährlichen Ziele aus ihren Koalitonsvertrag erinnern und sich lieber mit dem eigenen Machterhalt beschäftigen? Auch wenn es seltsam klingt, es wäre im Interesse Italiens und Europas wünschenswert, dass die alten Mechanismen weiter greifen und die nationalistische Revolution misslingt.

Ein Premier als Feigenblatt

Der No-Name-Premier, ein Verwaltungsjurist, sorgt hoffentlich dafür, dass den radikalsten Vorstellungen der Populisten die Spitzen genommen werden. Gelingt es dem Professor Guiseppe Conte nicht, den schmalen Grat des Kompromisses zwischen den Extremen zu beschreiten, dürfte er bald schon abgelöst werden.

Europa-Korrespondent Bernd Riegert

Die beiden Parteiführer von der Protestbewegung "5 Sterne" und die Nationalisten von der "Lega" haben ihren Anhängern Unglaubliches versprochen: niedrige Steuern, Sozialleistungen, frühen Renteneintritt, günstigere EU-Regeln, Wirtschaftswachstum, weniger Bürokratie und das teilweise auf Pump. Die Alphamännchen Di Maio von den 5 Sternen und Salvini von der Lega werden versuchen, den Premier zu ihrer Marionette zu machen und als Feigenblatt für populistische Machtspielchen zu missbrauchen.

Hohle Phrasen sind noch kein Programm

"Italien zuerst" ist der hohle Schlachtruf der neuen Herren in Rom. Das lässt jeden auf Ausgleich bedachten Europäer schaudern. Wenn das jeder fordert, bleibt von der Solidarität der Völker untereinander nicht viel. "Niemand muss vor uns Angst haben", tönt der rechtsextreme Parteichef Matteo Salvini. Doch das muss man. Um die EU kann einem Angst und bange werden, denn die Populisten können die Euro-Zone mit unverantwortlicher Fiskalpolitik schnell ins Wanken bringen.

"Italien ist nicht Griechenland", sagen die Koalitionäre in Rom. Das stimmt. Das EU-Gründungsland Italien ist weitaus größer als Griechenland, hat aber auch überbordende Schulden. Die Italiener in einem europäischen Rettungsschirm so aufzufangen wie die Griechen wäre fast unmöglich.

Die Währung Euro und die deutschen "Sparkommissare" haben die Populisten im Wahlkampf als den Quell allen Übels ausgemacht. Es wäre nicht ausgeschlossen, dass sie es bewusst auf eine Finanzkrise anlegen, um den Euro loszuwerden. Über Nacht könnte Italien eine Parallelwährung einführen und sich selbst aus der Euro-Zone katapultieren. Die Finanzmärkte wollen die Populisten einfach ignorieren. Noch hält die Europäische Zentralbank mit ihrer Kapitalschwemme Italien und anderen schwächelnden Staaten den Rücken frei. Es fragt sich, wie lange das gut geht. Spätestens, wenn die EZB die Zinsen anhebt, kann es für Italien schnell ungemütlich werden.

Panik hilft nicht

In der Migrations- und Asylpolitik kann die nationalistische "Lega" sämtliche Beschlüsse der EU torpedieren. Ein sinnvolles System zur Verteilung von Migranten rückt in weite Ferne. Außer Grenzen zu und alle Fremden raus, fällt der Lega nicht viel ein. Da soll einem nicht Angst werden? Das Versprechen von Matteo Salvini klingt hohl. Italien wird sich verändern und versuchen, die EU zu verändern. Wie weit darf man, kann man den neuen Radikalen entgegenkommen?

Die EU sollte jedenfalls nicht panisch regieren. Aufgeregte Angriffe, wie die des französischen Finanzministers vom Wochenende, bewirken eher das Gegenteil. Auf offene Kritik von außen reagieren Italiener äußerst gereizt, und zwar alle, nicht nur die Populisten. Auch das ist so ein Gesetz der italienischen Politik.

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Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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