Kommentar: König Ottos neue Kleider
18. März 2012Der Rekordmeister schießt sich den Frust von der Seele. 7:1 vor Wochenfrist in der Bundesliga gegen Hoffenheim, 7:0 in der Champions League gegen Basel und jetzt 6:0 gegen Hertha. 20 Tore innerhalb von acht Tagen – die Botschaft des FC Bayern München ist eindeutig: Schreibt uns nicht zu früh ab! Jürgen Klopp und Borussia Dortmund sind auf diesem Ohr nicht taub, lassen sich aber nicht aus der Ruhe bringen. Auch der Tabellenführer setzte ein Ausrufezeichen hinter die Zahl 20: So viele Spiele ist der deutsche Meister in der Bundesliga inzwischen ungeschlagen. Vereinsrekord und die passende Antwort auf die Münchner Torfabrik: Schießt doch so viele Tore ihr wollt, wir bleiben trotzdem vorn!
Krone aus Pappe
Hinten steht auch ein Pärchen, das konstant spielt: beständig schlecht. Schlusslicht 1. FC Kaiserslautern befindet sich nach 16 Spielen ohne Sieg im freien Fall Richtung zweite Liga. So edel die Treue der Vereinsspitze zu Marco Kurz auch anmutet, der Trainer hat seinen Kredit längst verspielt. Allerhöchste Zeit, einen Feuerwehrmann zu holen. Das hatten sich auch die Verantwortlichen bei Hertha BSC gedacht und mit Otto Rehhagel einen echten "König" verpflichtet, auch wenn der inzwischen ohne (Griechen-)Land war. Der Rummel um König Otto war riesig. Doch seine Krone scheint nicht mehr aus Gold, sondern aus Pappe. Die Bilanz nach vier Wochen: ein knapper Sieg, drei Niederlagen. Das 0:6 in München war Herthas höchste Bundesliga-Pleite.
Selbstherrlich
Und was macht König Otto? Er antwortet auf die Frage, ob seine Taktik nicht fehlgeschlagen sei, mit den Worten: "Mein Plan war richtig. Meine Pläne sind immer richtig." Das erinnert stark an Hans Christian Andersens Märchen "Des Kaisers neue Kleider". Da läuft der Monarch nackt durch die Straßen, weil er zu eitel und selbstherrlich ist, um sich einzugestehen, dass die Weber seiner vermeintlichen Kleider ihn betrogen haben. Der Schwindel fliegt erst auf, als ein Kind ausruft, der König habe ja gar nichts an. Rehhagel wacht wohl auch erst auf, wenn ein Kind auf dem Berliner Alexanderplatz schreit: "Der ist doch abgestiegen!"