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Politik

Kaczynskis Kalkül ist aufgegangen

Porträt eines Mannes, der eine Brille trägt
Bartosz Dudek
14. Oktober 2019

Das Ergebnis der Parlamentswahl in Polen ist keine Überraschung. Jaroslaw Kaczynskis Politik für "die kleinen Leute" zeigt Erfolg, meint Bartosz Dudek.

Bild: AP/D. Bandic

Das bemerkenswert hohe Wahlergebnis für die PiS (fast 44 Prozent im Vergleich zu 37,6 Prozent vor vier Jahren) ist eine Belohnung vor allem für die großzügige Sozialpolitik der bisherigen Regierung. Jaroslaw Kaczynski und seiner Mannschaft ist es gelungen, vor allem die bisher wenig beachteten "kleinen Leuten" aus den kleineren Städten und Dörfern zu umgarnen, die sich nach schmerzhaften Transformationen der Vergangenheit abgehängt fühlten. Eine Erhöhung des Kindergeldes, eine 13. und 14. Rentenzahlung im Jahr, eine Steuerbefreiung für junge Menschen unter 26 und eine Anhebung des Mindestlohns für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - diese politischen Versprechen wurden konsequent umgesetzt und in patriotischer Rhetorik verpackt: Das war Kaczynskis Patentrezept für diese Wahl. Das Kalkül ist aufgegangen.

Der haushohe Sieg der konservativen Sozialpopulisten wäre ohne die Unterstützung der mächtigen katholischen Kirche nicht denkbar. Die Allianz von "Thron und Altar" wird weiter gehen. Das Comeback der antiklerikalen Linken ist eine Antwort darauf. Die Erfahrung aus anderen katholisch geprägten Ländern wie zum Beispiel Spanien zeigt, dass derartige Allianzen längerfristig für die Kirche fatale Folgen haben können.

Kaczynskis Erfolg ist gleichzeitig auch eine schallende Ohrfeige für die oppositionelle Bürgerplattform, die nach der Wahlschlappe 2015 versäumt hat, sich personell und programmatisch zu erneuern. Das hat sich jetzt bitter gerächt. Der einzige Trost für die Opposition: in der zweiten Kammer des Parlaments, dem Senat, verpasste PiS knapp die Mehrheit; die Opposition wird im Oberhaus die Gesetzesvorhaben der PiS zwar nicht zu Fall bringen, aber zumindest verlangsamen können.

DW-Redakteur Bartosz Dudek

Bittere Folgen für die Demokratie

Der erneute klare Sieg der PiS kann nun auch bittere Folgen für die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Polen haben. Es ist zu befürchten, dass Polen zu einer "illiberalen" Demokratie, und einem semi-autoritären Staat mutieren wird. Die ersten vier Jahre der PiS-Regierung haben gezeigt, dass Polens eigentliche Machthaber Jaroslaw Kaczynski danach strebt, sich unabhängige Institutionen wie Gerichte oder Medien unterzuordnen. Sein konfrontativer, polarisierender Politikstil macht Kompromisse mit der Opposition, die zur demokratischen Kultur gehören, unmöglich. Daher der zunehmend erbitterte Streit, der gefährliche Folgen haben könnte.   

Das starke Wählermandat für die PiS bedeutet, dass Polen sowohl für die EU als auch für Deutschland ein schwieriger Partner bleibt. Sollte die PiS, wie im Wahlprogramm angekündigt, die Justiz- und Medienreform vorantreiben, wird es garantiert zu weiteren Verwerfungen mit der Europäischen Kommission kommen. Auch die Frage der Forderung nach Kriegsreparationen von Deutschland befindet sich in dem Wahlprogramm. Hier muss die Bundesregierung sowohl Einfühlungsvermögen zeigen als auch eine Antwort finden, die über das übliche "die Sache ist abgeschlossen" hinausgeht.

Eins ist sicher: sowohl Deutschland als auch die EU wird sich für weitere vier Jahre mit einer unbequemen und streitbaren Regierung in Polen abfinden müssen.

 

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