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Politik

Kampfansage an Rom

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert
23. Oktober 2018

Die populistische Regierung in Rom muss der EU-Kommission einen neuen Haushalt vorlegen. Ein schwerer Konflikt ist programmiert. Die EU stellt die Machtfrage, und das wird massive Folgen haben, meint Bernd Riegert.

Bild: picture-alliance/dpa/P. Pleul

Die populistische Regierung in Italien hatte der Europäischen Kommission den Fehdehandschuh in Form eines unhaltbaren Budgetentwurfs hingeworfen. Die EU-Kommission hat ihn aufgenommen. Jetzt beginnt das fiskalpolitische Gemetzel. Der Streit um den richtigen Kurs in der Haushaltspolitik wird zum erbitterten Machtkampf zwischen Brüssel und Rom.

Es überrascht, dass sich die EU-Kommission für die harte Gangart entschieden und zum ersten Mal in der Geschichte der Währungsunion einen Budgetentwurf komplett zurückgewiesen hat. Er habe keine andere Wahl gehabt, meint der zuständige EU-Kommissar Valdis Dombrowskis, weil populistische "5 Sterne"-Bewegung und rechtsradikale Lega fast schon triumphierend damit prahlten, dass ihr Schuldenhaushalt "bewusst und mit voller Absicht" gegen die Regeln der EU verstößt. Das Risiko, dass die nur auf den innenpolitischen Effekt schauende Regierung in Rom jetzt vollends blockiert und dichtmacht, ist groß. Die Schimpftiraden aus Italien gegen die "Bürokraten in Brüssel", die eigentlich an allem Schuld seien, werden nicht lange auf sich warten lassen.

Drei Wochen hat der italienische Finanzminister nun Zeit, einen Haushalt ohne zu hohe Neuverschuldung aufzustellen. Schafft er das nicht, und damit ist zu rechnen, müsste die Kommission nach Rücksprache mit den anderen Euro-Ländern harsche Auflagen und am Ende eine Defizitverfahren gegen Italien anordnen.

Europa-Korrespondent Bernd Riegert

Das Drama ist programmiert

Das allerdings wäre nur weiteres Wasser auf die Mühlen der Populisten in Rom, die der EU an den Fakten völlig vorbei vorwerfen, sie sei an der angeblichen Verarmung Italiens Schuld. Die fiskalischen Probleme des italienischen Staates, seine überbordende Schuldenlast und strukturellen Schwächen werden nun wohl erst recht nicht angegangen. Jetzt geht es um alles, um die Macht.

Die EU-Kommission zeigt Italiens Regierung, dass eben nicht immer "Italien zuerst" gilt, wie diese im Wahlkampf versprochen hatte, sondern dass die Haushalts- und Schuldenkrise europäische Dimensionen hat. Die Italiener - und nicht allein die Populisten und rechten Pöbler - beklagen, dass die EU mit zweierlei Maß messe. Schließlich hätten auch Deutschland, Frankreich und andere jahrelang die Defizitgrenzen gerissen. Das stimmt zwar, aber inzwischen sind all diese Länder aus den Defizitverfahren entlassen worden, weil sie sich an Auflagen halten und wesentlich gesündere Finanzen vorweisen können als Italien, dessen Bankensektor immer noch marode ist.

Trotzdem liegt der Verdacht nahe, dass die EU-Finanzkommissare eine christdemokratische oder sozialdemokratische Regierung in Rom vielleicht sanfter behandelt hätten. Es geht der Kommission auch darum, den Populisten und Rechtsradikalen in Rom zu zeigen, wo der Hammer hängt. Im Gegenzug kann die Regierung Italiens in vielen anderen Politikfeldern der EU Rache üben, Beschlüsse blockieren, Diskussionen abwürgen - sei es bei der Migration, bei Sanktionen gegen Russland, beim Brexit oder beim gemeinsamen EU-Haushalt nach 2021.

Noch keine Panik

Eine Reform der Euro-Zone, eine Bankenunion, eine gemeinsame Haftung für Spareinlagen sind mit dieser finanzpolitischen Kamikaze-Regierung auf jeden Fall vom Tisch. Stattdessen herrscht jetzt Stagnation. So kurz vor den Europawahlen im Mai 2019 wird die EU mit einem derart aufsässigen Italien kein gutes Bild abgeben.

Es kommt nun sehr auf die Reaktion der Geldgeber und Investoren auf den internationalen Finanzmärkten an: Werden sie Italien abstrafen und dessen Staatsanleihen nicht mehr kaufen? Der Chef des Euro-Rettungsfonds, Klaus Regling, warnt vor Panikmache. Italiens Finanzen seien solider als es scheine. Eine krisenhafte Ansteckungsgefahr für andere Euro-Länder sieht der erfahrene deutsche Beamte nicht - noch nicht. Die EU-Kommission sollte nach dem Donnerwetter vom heutigen Dienstag das machen, was sie am besten kann: verhandeln und Kompromisse schmieden. Ob sich Italiens Populisten jetzt allerdings noch einfangen lassen, ist ungewiss.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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