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Politik

Katholikentag: Ringen und reden

13. Mai 2018

In einer politisch turbulenten Woche fand der Deutsche Katholikentag in Münster statt, unter dem Leitwort "Suche Frieden". Das Christentreffen bot das, was diesem Land fehlt, meint Christoph Strack: Dialog.

Reinhard Kardinal Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, beim Abschlussgottesdienst des KatholikentagesBild: picture-alliance/dpa/R. Vennenbernd

Ja, man kann mäkeln über einen Katholikentag. Hier können Sie wählen: Schaulaufen für Politiker, Reformpalaver mit streitenden Bischöfen, Bühne der Beliebigkeit zwischen Yoga und Marienkitsch, all das mit hohen Kosten. Die Veranstaltung hat diese routinemäßig vorgebrachte Kritik längst überholt. Und mancher kritische Kommentar scheint aus derselben Feder auch schon zu vergangenen Katholikentagen recht ähnlich formuliert gewesen zu sein.

Ja, Kirche in Deutschland - das gilt für die katholische wie die evangelische Seite - ist im Umbruch. Zum Teil auch im Abbruch. Dass dies längst nicht ihr Ende bedeutet, zeigt ein Christentreffen wie das in Münster. Klar, da erzählt mir plötzlich jemand, dass seine Familie die letzte katholische im ganzen Dorf sei. Für viele in Nord- und Ostdeutschland ist das Alltag. Gerade für sie ist der Katholikentag mit der großen Gemeinschaft wirklich ein Fest.

Hier finden sie sehr ernste Gespräche über Formen des Glaubens und der Glaubensweitergabe und viele Menschen mit - bei allen Alltagssorgen - Humor, Gelassenheit und Offenheit. Beim größten Katholikentag seit 1990 reden sie miteinander und suchen nach Zukunft. Respekt!

Nicht nur "Wohlfühl-Katholizismus"

Respekt auch für die wachsende Ehrlichkeit der Bischöfe. Ja, da ist Streit. Da sind Beharrungskräfte. "Wir Bischöfe sind eins - auch wenn wir miteinander ringen", sagte Reinhard Kardinal Marx unter Applaus beim Abschlussgottesdienst. Ringen bedeutet Dialog, auch Streit. Münster sei "kein Ort, wo der Wohlfühl-Katholizismus um sich selbst kreist". So war es.

DW-Kirchenexperte Christoph StrackBild: DW/B. Geilert

Wenn dann auch Politiker dabei sind, passt das zum bewährten Gespräch von Politik und Kirchen in Deutschland. Auch wenn das in den Medien verständlicherweise anders wirkt, Fakt ist: Nur ein Bruchteil von mehreren tausend Referenten kam aus der Politik. Aber viele derer, die da kamen, nutzten nicht einfach die Bühne. Ob die Kabinettsmitglieder Julia Klöckner, Anja Karliczek, Jens Spahn oder Gerd Müller, ob Andrea Nahles oder Katrin Göring-Eckardt, um nur einige zu nennen - sie alle hatten nebenbei viele Gespräche, Begegnungen, Dialog - in Tagen, in denen das Katholikentags-Motto "Suche Frieden" gesellschaftlich wie international so passend war.

Den nachdenklichen Worten von Angela Merkel lauschten tausende Teilnehmer. Die Kanzlerin wurde erneut gefeiert. Sie steht gegen die Populisten in nah und fern für Dialog bis zur Langeweile. Das Gegenbeispiel ist CSU-Chef Horst Seehofer, der einige Stunden vor seinem zugesagten Auftritt absagte. Wegen "Anreiseproblemen": Wenn man von dort herkommt, wo die CSU gerade unterwegs ist, muss man eben von weit herkommen. Viele fanden diese Form der Absage einfach lächerlich.

Der Katholikentag hat Mut bewiesen

Bleibt der wichtigste, innerkirchlich umstrittenste Dialog. Erstmals saß ein AfD-Mann, der Bundestagsabgeordnete Volker Münz, auf einem Katholikentags-Forum. Er ist der sogenannte Kirchenbeauftragte seiner Fraktion. Und sein Auftritt neben fünf Abgeordneten anderer Parteien war entlarvend. Immer wieder sortierte er Karteikarten, um so manche Phrase der Rechtspopulisten einzubringen. Merkel konnte er angreifen, die Altparteien auch, aber zu den selbst innerparteilich so umstrittenen Köpfen Björn Höcke und André Poggenburg mit ihren klassisch unchristlichen Aussagen fehlten ihm die Worte.

Aber Münz durfte - für wenige Minuten unterbrochen von einigen Störern - reden. Das war wichtig. Wenn dieser Gesellschaft neben politischem Anstand eins fehlt, dann Dialog. Der in früheren Jahrzehnten oft ängstliche Katholikentag hatte den Mut dazu. Und das zeigt die Größe dieses Katholikentages: aufzuzeigen, dass es nur mit Dialog, mit Reden und Zuhören geht. In Kirche, Gesellschaft und Politik.

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