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Keine neue Steffi

9. September 2016

Angelique Kerber wird mit 28 Jahren die neue Nummer eins der Tenniswelt. Dafür gebührt ihr großer Respekt. Mit Steffi Graf darf man sie dennoch nicht vergleichen, meint DW-Sportreporterin Olivia Gerstenberger.

Bild: picture-alliance/dpa/Abacapress/C. Dubreuil

Respekt! Angelique Kerber ist gelungen, was vorher nur Steffi Graf geschafft hat: Sie steht als deutsche Tennisspielerin an der Spitze der Weltrangliste. Und das zu Recht. Wer von einer "Momentaufnahme" spricht, oder als Grund für Kerbers geschichtsträchtigen Erfolg die Schwäche der dominierenden Spielerin der vergangenen Jahre, Serena Williams, anführt, der irrt. Angelique Kerber mag nicht die talentierteste oder konstanteste Tennisspielerin der Welt sein. Ihr Aufschlagspiel hat sich verbessert, ist aber noch lange nicht das beste. Aber gerade deswegen und nach vielen Rückschlägen und Erstrunden-Niederlagen hat sie bewiesen: An Technik lässt sich arbeiten und Rückschläge halten sie nicht auf. Sie machen sie stärker. Mit Ehrgeiz, Kampfeswillen und mit einer neu entdeckten mentalen Stärke hat Kerber erreicht, was ihr nur wenige zutrauten: Sie hat sich nach ganz oben gekämpft.

Als "One-Hit-Wonder" hatten sie Anfang des Jahres noch einige Experten abgestempelt, als sie nach dem fulminanten Sieg bei den Australien Open in Paris gleich in der ersten Runde scheiterte. Der Druck war hoch, den öffentlichen Wirbelsturm, den ein solcher Erfolg mit sich bringt, muss eine Sportlerin auch erst mal einmal überstehen lernen. Kerber schaffte es: Sie stand wieder auf und erreichte innerhalb eines Jahres auf zwei Belägen gleich drei Grand-Slam-Endspiele (Australian Open, Wimbledon und US-Open) und das Finale des Olympischen Turniers.

Der lange Schatten der Steffi Graf

Damit stellte sie ihre Stärke endgültig unter Beweis. Und dennoch erklingt in solchen Momenten stets ein anderer, großer Name: Steffi Graf, die deutsche Tennis-Göttin. Diese spielte sich zu einer Zeit in die deutschen Herzen und auf die Mattscheiben fast aller deutschen Fernseher, als es Vergleichbares nicht gab. Zusammen mit Boris Becker sorgte sie für einen Tennisboom, den es auch trotz Kerbers Erfolge so in Deutschland nicht mehr geben wird. Und das sollte man von Kerber auch nicht verlangen. Talent hatten nach Graf auch andere Deutsche: Andrea Petkovic, Julia Görges, Sabine Lisicki. Aber nur Kerber schaffte es, aus dem langen Schatten Steffi Grafs herauszutreten - und sowohl einen großen Titel zu gewinnen als auch die Führung in der Weltrangliste zu übernehmen.

DW-Sportredakteurin Olivia Gerstenberger

Dennoch wird sie nicht an die großen Erfolge Steffi Grafs heranreichen können: Kerber ist schon 28 Jahre alt und damit die älteste Debütantin seit Einführung des Rankings - Graf (18) und Serena Williams gelang der Schritt an die Tennisspitze viel früher. Umso erstaunlicher, dass Kerber es nun nach ganz oben geschafft hat. Tennis wird im Kopf entschieden - das scheint die oft mit sich hadernde Kerber mittlerweile - auch dank vieler Gespräche mit ihrer prominenten Vorgängerin Steffi Graf - verinnerlicht zu haben. Das zeigt auch der Final-Einzug: Bereits vor dem Halbfinalspiel hatte festgestanden, dass die Deutsche ab Montag als neue Nummer eins geführt wird. Aber das lähmte Keber dieses Mal nicht. Sie lächelte entspannt und zeigte fortan perfektes Tennis gegen ihre Freundin Carolina Wozniacki - übrigens ehemalige Weltranglisten-Erste. Die Dänin war chancenlos. Es war das Match und ein Sieg einer würdigen Nummer eins.

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