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Politik

Keine Waffen mehr für Riad

22. Oktober 2018

Deutschland sollte grundsätzlich keine Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien exportieren. Und zwar weniger wegen Jamal Khashoggi, sondern vor allem wegen des Krieges im Jemen, meint Matthias von Hein.

Bild: picture-alliance/dpa/A. Pain

Kann eigentlich irgendjemand noch den Ausreden und Ausflüchten, den Entwicklungen und Erklärungen im Fall des vor knapp drei Wochen ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi folgen? Als zum Beispiel am Sonntag die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, deutsche Waffenexporte nach Saudi-Arabien könnten "nicht stattfinden, in dem Zustand, in dem wir gerade sind", hatte Riad gerade seine zweite Version unterbreitet, wie Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul ums Leben gekommen sei. Noch war aber die Meldung nicht in der Welt, das saudische Königshaus habe der Familie des Kritikers von Kronprinz Mohamed Bin Salman zu dessen Tod kondoliert. 

Immerhin: Das Abrücken Angela Merkels von weiteren deutschen Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien weist in die richtige Richtung. Manchmal - und vor allem in der Politik - wird das Richtige ja aus dem falschen Grund getan. Schon im Koalitionsvertrag für die Bundesregierung steht schließlich: Verkäufe deutscher Waffen sollen nicht mehr an Staaten erfolgen, die in den Jemen-Krieg verwickelt sind.

Deutsche Waffen für ein kriegführendes Land

Saudi-Arabien ist in diesem Krieg die führende Kraft. Dennoch machen deutsche Waffenschmieden bisher glänzende Geschäfte mit dem Ölscheichtum. Im ersten Quartal 2018 hatten sich die Genehmigungen für Rüstungsexporte Richtung Saudi-Arabien gegenüber dem ersten Quartal 2017 sogar vervierfacht, auf gut 160 Millionen Euro. Zuletzt hatte die Bundesregierung noch im September dieses Jahres die Lieferung von vier Artillerie-Ortungssystemen an Saudi-Arabien genehmigt. 

Was der Tod von über 10.000 Jemeniten in diesem Krieg nicht vermochte - Jamal Khashoggi hat es geschafft. Was das Elend Millionen Hungernder nicht schaffte, die wegen der saudischen Blockade der Häfen nicht versorgt werden können, der Tod Jamal Khashoggis hat es erreicht: Endlich den Verkauf von Waffen an Saudi-Arabien und damit die direkte Verwicklung des Westens inklusive Deutschlands in die seit drei Jahren andauernde Tragödie des Jemen auf die Tagesordnung zu bringen.


So zynisch es ist: Der Westen scheint überhaupt kein Problem zu haben mit autoritären Herrschern. Allein mit unberechenbaren Herrschern hat er ein Problem. Das Drama um Jamal Khashoggi ist da nur der vorläufig letzte Akt im Stück um den gerade einmal 33-jährigen saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, der mit dem Begriff "impulsiv" noch freundlich beschrieben wird.

DW-Redakteur Matthias von Hein

Neben der ohne Not Anfang 2015 vom Zaun gebrochenen Militärintervention im Jemen sei erinnert an die seit mehr als einem Jahr andauernde Blockade Katars. Oder an den libanesischen Ministerpräsidenten Saad Hariri, der Anfang November vergangenen Jahres für alle Welt überraschend in einem saudischen Hotel seine Rücktrittserklärung verlas - was Anlass zu einer Welle von Spekulationen über eine Entführung gab.

Der Neuanfang der deutsch-saudischen Beziehungen liegt keinen Monat zurück

Es gehört zur Ironie der Geschichte, dass vor gerade einmal einem knappen Monat sich der deutsche Außenminister Heiko Maas am Rande der UN-Vollversammlung gegenüber seinem saudischen Amtskollegen Adel al-Dschubeir entschuldigte: Für die Äußerungen seines Vorgängers Sigmar Gabriel im November vergangenen Jahres zur Libanon-Krise. Da hatte Gabriel - ohne Saudi-Arabien beim Namen zu nennen -"außenpolitisches Abenteurertum" im Mittleren Osten angeprangert. Riad hatte daraufhin nicht nur seinen Botschafter aus Berlin abgezogen, sondern auch deutsche Firmen bei der Vergabe lukrativer Aufträge im Ölscheichtum systematisch übergangen.

Nach Heiko Maas "aufrichtigem Bedauern" kehrte der saudische Botschafter mittlerweile nach Berlin zurück. Eine Woche nach Khashoggis Verschwinden. Da hat Maas seine Entschuldigung wohl schon selbst bedauert.

 

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