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Kommentar: Kiew muss zwischen Pest und Cholera wählen

Ingo Mannteufel 13. Mai 2014

Gewalt und ein Schein-Referendum in der Ostukraine. Neue Sanktionen der EU. Und doch, meint Ingo Mannteufel, deutet sich eine Lösung der Ukraine-Krise an. Alles hängt nun von der Führung in Kiew ab.

Ingo Mannteufel
Bild: DW

Der Ukraine-Konflikt hat sich in den letzten Monaten zu einer unglaublich verfahrenen politischen Krise entwickelt. Es ist aussichtslos, auf eine einfache und konsequente Lösung zu hoffen. So oder so wird es in diesem Konflikt keine klaren Gewinner geben, eigentlich nur Verlierer. Und das Scheitern der vor Ostern geschlossenen Vereinbarung von Genf hat gezeigt, wie brüchig Formelkompromisse sein können.

Brutale Interessenpolitik Moskaus

Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland und die anschließende Kreml-Politik zur Destabilisierung der Ost-Ukraine dokumentierten, dass Moskau an keiner Deeskalation interessiert war. Und doch scheint sich gerade jetzt ein kleines Fenster für eine Entspannung zu öffnen. Und dies trotz der Tatsache, dass mit den Schein-Referenden in Donezk und Luhansk sowie den neuen Sanktionen der EU vordergründig die Lage weiter eskaliert.

Die von der deutschen Außenpolitik hinter den Kulissen mühsam vorangetriebene Lösung besteht in einem Runden Tisch aller politischen Gruppierungen in der Ukraine unter dem OSZE-Vorsitz, geleitet vom deutschen Top-Diplomaten Wolfgang Ischinger und ukrainischen Vertretern.

Es lässt sich stark vermuten, dass dieser Plan auch die prinzipielle Zustimmung Putins hat. Der von ihm vorher ausgesprochene Vorschlag an die Separatisten, die "Referenden" zu verschieben, konnte noch als gezieltes Ablenkungsmanöver ohne politische Ernsthaftigkeit gedeutet werden. Die Reaktion Moskaus nach den "Referenden" ist aber - im Vergleich zur Abstimmungsfarce auf der Krim - relativ gedämpft. Die von den Separatisten geäußerte Bitte um Anschluss an Russland ist bislang offiziell nur hinhaltend beantwortet worden. Insbesondere fehlt eine klare öffentliche Aussage von Präsident Putin.

Steinmeiers Mission in Kiew

Entscheidend wird sein, ob es dem deutschen Außenminister Steinmeier und anderen Vermittlern gelingen wird, die ukrainische Übergangsregierung um Turtschinow und Jazenjuk zu überzeugen, auf diese Idee eines Runden Tisches einzugehen. Verständlicherweise gibt es dagegen viele Vorbehalte.

Es ließe sich zu Recht argumentieren, dass der Kreml an solchen Verhandlungen nur deshalb jetzt interessiert ist, weil er sich in unverantwortlicher Weise mit den illegalen Aktionen der prorussischen Separatisten erst Verhandlungsmacht aufgebaut hat. Mehr noch steckt im Vorschlag eines Runden Tisches die Tücke im Detail: Mit welchem Mandat können die Separatisten überhaupt teilnehmen? Bleibt es bei den am 25. Mai geplanten Präsidentschaftswahlen? Wird die Abspaltung der Krim damit nicht anerkannt? Das sind nur einige der vielen Fragen, die mit dem Vorhaben des Runden Tisches verbunden sind. Die ukrainische Führung steht folglich vor keiner leichten Entscheidung.

Verhandlungen oder Abspaltung

Doch die Alternativen sind auch nicht besser. Die letzten Wochen haben deutlich gemacht, mit welcher Brutalität und Rigorosität Moskau bereit ist, seine Interessen durchzusetzen. Die angedeutete Zustimmung Russlands zu diesem OSZE-Plan eines Runden Tisches sollte nicht dazu verführen zu glauben, dass der Kreml von seinen Zielen abgerückt ist. Politische Naivität ist im Umgang mit Russland nicht angebracht. Im Gegenteil: Der Kreml zielt auch mit dem Runden Tisch und mittels der prorussischen Separatisten darauf ab, sich ein Mitspracherecht über die politische Zukunft der Ukraine zu sichern und im Zweifelsfall eine Spaltung der Ukraine zu fördern.

Falls der Vorschlag eines Runden Tisches unter OSZE-Vorsitz scheitert, ist damit zu rechnen, dass der Konflikt in der Ukraine weiter eskaliert und Moskau auf die prorussischen separatistischen Bestrebungen eingeht. Das politische Kiew steht nun vor einer Wahl zwischen Pest und Cholera.

Ingo Mannteufel leitet die Russische Redaktion.

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