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Politik

Klare Kante gegen Rechtsextremisten!

23. Juni 2020

Das Verbot der "Nordadler" ist ein starkes Signal an die rechte Szene, dass die Zeiten des Wegsehens und Verharmlosens endlich vorbei sind. Trotzdem gibt es noch viel zu tun und aufzuklären, meint Marcel Fürstenau.

Bild: picture-alliance/Blickwinkel/McPHOTO/C. Ohde

Die Liste wird immer länger: Im Januar erwischte es "Combat 18", im März die Reichsbürger-Vereinigung "Geeinte deutsche Völker und Stämme" und nun die Gruppe "Nordadler". Drei Verbote rechtsextremistischer Organisationen innerhalb von sechs Monaten - diese Bilanz des Bundesinnenministers kann sich sehen lassen. Horst Seehofer lässt seinen Worten Taten folgen. Natürlich sind die Verbote kein Allheilmittel, aber auch mehr als nur Symbolpolitik. Denn die Szene spürt schon seit längerer Zeit den immer stärker werdenden Verfolgungsdruck.

Seehofer ist dabei nur ein wichtiger Akteur unter vielen. Endlich hat die Politik erkannt, dass der äußerst schwierige Kampf gegen Rechtsextremismus nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung erfolgreich sein kann. Gesetzgeber, Regierung, Justiz und Zivilgesellschaft - alle sind gefragt. Und sie alle wehren sich engagierter denn je gegen Rassisten, Antisemiten und die vielen anderen Feinde einer demokratischen, toleranten Gesellschaft. Das gilt es anzuerkennen - trotz der mitunter großen Meinungsunterschiede über die vermeintlich beste Strategie gegen Neonazis.    

Das Massaker von Hanau war nicht der erste Weckruf 

"Ich möchte betonen, dass vom Rechtsextremismus die größte Bedrohung in unserem Land ausgeht", sagte Seehofer im Februar nach dem rassistischen Massaker in Hanau (Bundesland Hessen) mit zehn Toten. Diese Einsicht fehlte vielen politisch Verantwortlichen lange Zeit. Zur Erinnerung: Zehn Menschen ermordete auch der über ein Jahrzehnt unentdeckt gebliebene "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU) zwischen 2000 und 2007. Dem ehrlichen Entsetzen nach dem Auffliegen der Terrorgruppe 2011 folgten allerdings nur halbherzige Anstrengungen, das Übel an der Wurzel zu packen.

DW-Redakteur Marcel FürstenauBild: DW

Sinnbildlich dafür war die unbefriedigende juristische Aufarbeitung des Umfelds des NSU. Die Bundesanwaltschaft hielt im fünf Jahre dauernden Prozess starr und stur an ihrer These von einem Täter-Trio fest. Demnach soll die Gruppe im Kern nur aus drei Leuten bestanden haben: Zwei von ihnen sind nicht mehr am Leben, die dritte, Beate Zschäpe, wurde zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt. Dabei gab und gibt es zahllose Hinweise, dass sich der NSU im Untergrund auf ein weit verzweigtes Netzwerk von Neonazis verlassen konnte.     

Endlich ziehen gegen Neonazis alle an einem Strang 

Leider mussten noch mehr Menschen in Deutschland sterben, bis niemand mehr die tatsächliche Dimension des Rechtsextremismus und rechten Terrors infrage stellte. Der Mord an dem Politiker Walter Lübcke im Juni 2019 und das Attentat auf die Synagoge in Halle (Bundesland Sachsen-Anhalt) im Oktober desselben Jahres ließen auch die letzten Abwiegler und Verharmloser verstummen. Die Bundesregierung reagierte mit einem Aktionsplan, an dem neben dem Innenressort das Justiz- und Familienministerium beteiligt sind. Alle ziehen an einem Strang - gut so.

Die neue Entschlossenheit dürfte auch der Sorge geschuldet sein, zunehmend selbst von Rechtsextremisten unterwandert zu werden. Berichte über neonazistische Umtriebe in der Polizei und bei der Bundeswehr haben das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden immer wieder erschüttert. Eine überzeugende Antwort darauf lieferte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, die extremistische Umtriebe innerhalb der Elite-Einheit Kommando Spezialkräfte (KSK) inzwischen rigoros untersuchen lässt.

Verfassungsschutz und Bundeswehr schauen genauer hin

Die Radikalisierung der im Geheimen operierenden Elite-Soldaten ist ein Musterbeispiel dafür, wie sich Rechtsextremisten in der analogen und virtuellen Welt gegenseitig befruchten. Was in einer Chatgruppe mit rassistischen Äußerungen beginnt, mündet in Gewalt-Fantasien und dem Horten von Waffen. Danach ist es theoretisch nur noch ein kurzer Schritt bis zur Tat. Beim KSK sind die potenziellen Täter zum Glück rechtzeitig entdeckt worden. Nicht zuletzt, weil der Militärische Abschirmdienst als Geheimdienst der Bundeswehr sowie der Verfassungsschutz intensiver hinschauen als früher.

Das aktuelle Verbot der Neonazi-Gruppe "Nordadler" verstärkt den Eindruck einer besseren Zusammenarbeit auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen. Was jetzt noch fehlt, ist die Öffnung aller Akten des Verfassungsschutzes mit Rechtsextremismus-Bezug. Dass der Inlandsgeheimdienst wohl nicht nur beim NSU eine unrühmliche Rolle gespielt hat, dafür gibt es viele Anhaltspunkte. Klare Kante gegen Rechtsextremisten ist wichtiger denn je - die Transparenz von staatlichem Handeln gehört aber unbedingt dazu.

Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland
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