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Politik

Panik regiert das Land

8. Dezember 2019

Nicht nur das Klima erhitzt sich, auch die Debatte darüber wird immer heißer. Rationale Auseinandersetzungen werden immer schwieriger. Denn in Zeiten der Angst haben Argumente das Nachsehen, meint Zoran Arbutina.

Klima-Aktivistin Greta Thunberg bei der Weltklima-Konferenz in MadridBild: Reuters/J. Barbancho

"Ich will, dass ihr in Panik geratet, dass ihr die Angst spürt….denn euer Haus brennt!" Die Worte, die Greta Thunberg Anfang des Jahres in Davos sprach, werden gewiss weit oben auf der Liste der wichtigsten Zitate des Jahres 2019 landen. Selten ist zu erleben, dass jemand so prägnant den Zeitgeist in Worte fasst. Es scheint, als ob abertausende vor allem junger Menschen nur auf den Startschuss gewartet hätten, endlich zu tun, was getan werden muss - aufzustehen, auf die Straße zu gehen und laut gegen den menschengemachten Klimawandel aufzuschreien.

In Deutschland mehr noch als in anderen europäischen Ländern wirkt es so, als ob durch das Vorbild der jungen Klimaaktivistin aus Schweden eine lang angestaute Spannung endlich gelöst wurde. Eine regelrechte Lawine des Protestes und der Empörung stürzt seither ins Tal, und überrollt dabei alles, was sich ihr in den Weg stellt. Panik regiert neuerdings das Land, und sie treibt die Politik vor sich her.

Hauptsächlich "etwas" tun

Immer mehr deutsche Städte erklären den sogenannten 'Klimanotstand', vor wenigen Tagen hat sich sogar das Europäische Parlament dazu hinreißen lassen und den "Klimanotstand" für die gesamte EU ausgerufen. Konkrete Konsequenzen hat das zwar nicht und dem Klima geht es deswegen auch nicht besser, aber darum geht es ja gar nicht: Es geht einzig darum, ein gesellschaftliches Klima zu schaffen. Angst eben, Panik.

DW-Redakteur Zoran Arbutina

Der neueste Beitrag in der Welle der Panikmache: Laut Umweltorganisation Germanwatch ist Deutschland das weltweit am drittstärksten von Extremwetterereignissen betroffene Land. Zwar, so Germanwatch, lasse ihr Index keine Aussage über den Einfluss des Klimawandels auf die beobachteten Ereignisse zu, und außerdem habe die Analyse einige 'statistische Unschärfen'. Entscheidend sei die Mahnung: Die steigenden Temperaturen machten das Auftreten von Extremwetterereignissen in Zukunft wahrscheinlicher. Wenig gesagt, aber Stimmung gemacht - eine diffuse Angst wird weiter verbreitet.

Angst wiederum ist für gewöhnlich kein guter Ratgeber. Wenn ein Mensch in Panik gerät, trifft er selten gute Entscheidungen - und eine Gesellschaft erst recht nicht. In einer Demokratie sollen politische Entscheidungen aufgrund rational vorgetrager Argumente getroffen werden. Ein Klima der Angst steht dem diametral gegenüber. Hier werden Argumente nur dann als willkommene Helfer benutzt, wenn es gerade passt.

Klima und Wetter

Ein Beispiel: Gerne werden diejenigen, die während heftiger Kältewellen (ja, die gibt es noch!) nach dem Verbleib der Klimaerwärmung fragen, belehrt, dass ein Unterschied zwischen Klima und Wetter bestehe. Wenn dagegen zwei trockene und heiße Sommer aufeinander folgen, dann gelten die unzweifelhaft als Zeichen der sich beschleinigenden Klimaveränderung.

Noch ein Beispiel: Klimaaktivisten berufen sich bei ihren Behauptungen, der Klimawandel greife um sich, gerne auf angeblich unzweideutige wissenschaftliche Erkenntnisse. Wenn aber ein anerkannter Klimaforscher, wie etwa Hans von Storch, sagt "Alles wird zusammengemischt. Alles wird übertrieben.", dann wird sofort seine wissenschaftliche Integrität in Zweifel gezogen.

Überzogene Erwartungen

Das färbt natürlich auch auf die politischen Parteien in Deutschland ab. Während die Klimaaktivisten die traditionellen Parteien regelrecht vor sich hertreiben, erleben die Grünen im Windschatten dieser Bewegung immer neue Höchststände in den Umfragen. Da ist ein neuer Konflikt programmiert: Sollten sie eines Tages wieder an die Macht im Bund zurückkehren, werden die Grünen und ihre Wähler feststellen, dass die hohen Erwartungen, die sie geweckt haben, im realen Leben nicht umsetzbar sind. Und die Folge wird sein: neue Enttäuschungen, neue Wut, noch mehr Angst.

Selbstverständlich kann man und soll man über die Klimapolitik streiten. Und natürlich haben die Klimaaktivisten auch gute Argumente parat. Aber Klimapolitik muss das sein, was Politik immer sein soll: ein gesellschaftliches Ringen beflügelt von der Überzeugung in die Kraft des besseren Argumentes. Der Klimawandel ist ein zu wichtiges Thema, um es nur Klimaaktivisten zu überlassen. Ihre Ängste sollten durchaus ernst genommen werden, wie übrigens auch andere Ängste vieler anderer gesellschaftlicher Gruppen. Sich aber von den Ängsten einer einzigen Gruppe beherrschen zu lassen - das ist keine gute Option.

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