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Politik

Krötenschlucken vor laufender Kamera

28. April 2018

Merkel hat es wohl eingesehen: Trump interessiert sich nicht für Fakten. Jetzt passt sie sich an: Nach dem feurigen Macron gibt sie den braven Juniorpartner. Kann so funktionieren, muss aber nicht, meint Michaela Küfner.

Bild: Reuters/K. Lamarque

Angela Merkel lässt es diesmal bleiben, die Belehrungen und Ermahnungen an den US-Präsidenten, sich bitteschön an internationale Regeln zu halten und der gemeinsamen Werte zu besinnen. Das hatte der französische Präsident am Mittwoch in seiner flammenden Rede vor dem amerikanischen Kongress bereits getan. Stattdessen erkennt Merkel mehrfach an, dass Donald Trump entscheidet. Und nur er alleine.

Sichtlich gerne hört er das aus dem Mund der Bundeskanzlerin. Hatte sie ihm doch kurz nach seiner Wahl als Gratulation erstmal einen Kurzvortrag über seine Menschenrechtsverpflichtungen gehalten. Aber das ist hier und heute Geschichte.

"Der Präsident entscheidet" sagt sie, als es um die Ausnahme der EU von den seit März geltenden Strafzöllen für Stahl und Aluminium geht. Die Uhr tickt, denn am 1. Mai läuft die Frist aus. Europäische Gegenmaßnahmen liegen bereits in der Schublade. Ein Handelskrieg ist nur noch einen Tweet entfernt.

Kein Fauxpas

Stunden vor dem Abflug der Kanzlerin hatte sich die deutsche Seite schon resigniert gezeigt und die Messlatte der Erwartungen  gleich ganz auf Bodenhöhe herabgelassen. Nun erscheinen die zweieinhalb Stunden Arbeitstreffen schon alleine deswegen erfolgreich, weil es diesmal keine Fremdschäm-Momente mehr gab. Anders noch vor gut einem Jahr, als Trump einfach nicht auf die Kanzlerin reagierte, die ihn nach einem weiteren Handschlag für die Kameras bat. Alle Versuche seitdem, so etwas wie Augenhöhe herzustellen, sind gescheitert.

Jetzt also Merkels Strategiewechsel: Erst Einlenken. Und dann das Steuer vielleicht doch noch ein bisschen rumreißen, um dem Abgrund zu entgehen.

Großes Damentennis mit Macron

Etwa beim Iranabkommen: Die Europäer befürchten, eine Nicht-Verlängerung durch Trump bis zum 12. Mai könne das Regelwerk platzen lassen. Sie sorgen sich um die verheerenden Folgen für die Region und für die Glaubwürdigkeit der Diplomatie.

DW-Hauptstadt-Korrespondentin Michaela KüfnerBild: DW/B. Geilert

Dass es bei der Rettung dieses Abkommens eine klare Arbeitsteilung mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gibt, ist in Washington sehr deutlich geworden. Schon vor seiner USA-Reise hatten Macron und Merkel in Berlin ihre Sorge über ein konventionelles Raketenprogramm Irans geäußert.

Am Dienstag dann wagte Macron den Vorstoß und unterbreitete Trump den Vorschlag, eine "neue Vereinbarung" zusätzlich zum bestehenden Abkommen anzustreben. Schließlich legte Merkel nach: Auch Deutschland finde, es müsse "mehr hinzu kommen", weil das jetzige Regelwerk "nicht ausreicht, eine Rolle des Iran zu erreichen, die auf Verlässlichkeit gründet".

Die Kanzlerin gibt Trump also recht, in der Hoffnung, dass etwas "hinzu" kommt und nicht das ganze Abkommen platt gemacht wird.

Wunder Punkt: Verteidigungsausgaben

Ansonsten hat Merkel noch einmal Trump vorzurechnen versucht, wie das klaffende deutsch-amerikanische Handelsdefizit im Verhältnis zu deutschen Direktinvestitionen gesehen werden müsse. Doch bei den deutschen Verteidigungsausgaben gibt es nichts mehr zu deuteln.

Da hilft auch nicht Merkels sanfte Erklärung, Deutschland wachse erst "aus einer Rolle" heraus, jetzt wo die "Zeit der Nachkriegsordnung" zu Ende sei. Die erklärte Absicht der Bundesregierung, ihre Verteidigungsausgaben auf 1,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu steigern, um sich dem Zwei-Prozent-Ziel der NATO weiter anzunähern, ist für Trump noch immer entschieden zu wenig. Das lässt er seinen neuen Außenminister Mike Pompeo fast zeitgleich beim NATO-Außenministertreffen in Brüssel wiederholen.

Trump sagt, ihm fehle die "Wechselseitigkeit" in der amerikanisch-deutschen Beziehung. Seine persönliche Beziehung zu "Angela" sei aber schon "von Beginn an GREAT" gewesen. Sie sei eine "sehr außergewöhnliche Frau".

Und diese außergewöhnliche Frau gibt sich außergewöhnlich deeskalierend. Frei nach dem Motto: Wir geben ihm einfach ein bisschen Recht und die Welt hat, vielleicht, ihren Frieden. Zumindest für eine Weile. Oder wenigstens beim Thema Iran. Oder Syrien. Oder Freihandel.

Das wäre ein guter Deal. Ob er aufgeht, werden wir wohl bald auf Twitter erfahren.

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