1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kommentar: Lasst das Säbelrasseln im Weltraum!

Judith Hartl17. September 2014

Die NASA möchte sich unabhängig von russischen Sojus-Raketen machen. Diese Ankündigung war zu erwarten, meint Judith Hartl. Der politische Konflikt in der Ukraine hat die Entscheidung aber beunruhigend beschleunigt.

Internationale Raumstation (ISS)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Meldung kam nicht überraschend. Es war klar, dass die US-amerikanische Raumfahrtagentur NASA wieder bemannte Raumflüge anbieten muss. Denn dass seit Einstellung der Shuttle-Flüge im Jahr 2011 eine Lücke klafft, ist offensichtlich. Von einem Tag auf den anderen stand für Astronauten nur noch ein Fahrzeug zur ISS zur Verfügung: die russische Sojus-Rakete.

Ein zuverlässiges Arbeitstier, das so gut wie nie versagt hat. Technische Zwischenfälle gab es - ganz im Gegensatz zu den anfälligen und launischen amerikanischen Shuttles - kaum. Die Sojus gilt als sicheres Taxi ins Weltall – wenn auch etwas eng, rumpelig und ungemütlich. Trotzdem muss die NASA für jeden Astronauten pro Flug 50 Millionen Dollar bezahlen.

So war es nur eine Frage der Zeit, bis eine modernere und geräumigere Alternative geschaffen wird. Schon Mitte 2012 sagte der Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, Jan Wörner, er könne sich vorstellen, dass die privaten Raketen von SpaceX und Boeing, die bislang ausschließlich Werkzeug und Lebensmittel zu ISS bringen, zu bemannten Raumschiffen ausgebaut werden.

Angespanntes Verhältnis

2012 war das politische Verhältnis zwischen den USA und Russland harmonisch, die Zusammenarbeit im Weltraum eng und kollegial, ja freundschaftlich. Und wäre es so geblieben, hätten sich die Amerikaner sicherlich noch etwas Zeit gelassen, wieder selbst in die bemannte Raumfahrt einzusteigen.

Aber die Zeiten haben sich dramatisch geändert. Im Zuge der Ukraine-Krise ist der Ton zwischen den USA und Russland rau geworden. Leider auch in der Raumfahrt. Und so muss die jetzige Ankündigung der NASA, wieder mit "eigenen" Raketen fliegen zu wollen, im politischen Kontext betrachtet werden.

Wissenschaftsredakteurin Judith HartlBild: DW

Schon im April kündigte die NASA die Zusammenarbeit mit Russland fast vollständig auf, außer auf der Internationalen Raumstation. Jetzt sollen private Firmen der NASA möglichst schnell aus der Klemme helfen. Technisch können sie das, keine Frage. Material haben SpaceX und Boeing schon erfolgreich nach oben gebracht. Und viele ehemalige NASA-Ingenieure arbeiten inzwischen für diese Firmen. Doch es passieren auch Dinge, die aufhorchen lassen:

So explodierte Ende August eine unbemannte Rakete bei einem Testflug in Texas. SpaceX-Chef Musk twitterte nach dem Vorfall - Raketen seien kniffelig. Richtig. Das sind sie. Bis sie Menschen in den Weltraum bringen, müssen sie aber sicher, sicher, sicher sein. Das kostet Zeit und die muss die NASA den Firmen zugestehen. Testphasen müssen eingehalten werden, nichts darf überstürzt werden. Denn Astronauten dürfen nicht ansatzweise in Gefahr gebracht werden wegen momentaner politischer Zerwürfnisse und Eitelkeiten.

Viel eher sollten sich die Verantwortlichen fragen, wie weit sie die Eskalation und das Säbelrasseln vorantreiben wollen. So gab der stellvertretende russische Ministerpräsident Dmitri Rogosin den USA den Rat, ihre Astronauten mit einem Trampolin zur ISS zu schicken. Der Chef der NASA meint, die bedeutendste Nation der Welt sollte bei der Raumfahrt nicht auf irgendein anderes Land angewiesen sein. Das sind die USA aber. Und ebenso Russland. Denn eine Nation alleine kann in der Raumfahrt zukünftig nichts mehr ausrichten. Gerade die hervorragende internationale Zusammenarbeit von Europäern, Russen und Amerikanern auf der ISS zeigt das eindrücklich. Auch zum Mars kommen wir nur gemeinsam: Und mit Verlaub: die besten Astronauten sind auch Kosmonauten!

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen
Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen