Wenn der BVB und sein Trainer Lucien Favre am Dienstag nicht gegen den FC Bayern München gewinnen, ist die Chance auf die Meisterschaft dahin. Dann endet auch Favres Zeit in Dortmund, meint Andreas Sten-Ziemons.
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Es ist angerichtet: Borussia Dortmund hat seine beiden ersten Auftritte nach dem Bundesliga-Neustart souverän gewonnen, der FC Bayern war ebenfalls zweimal klar überlegen. Nun gehen die beiden vermeintlich besten Fußball-Mannschaften Deutschlands am Dienstag als Zweiter und Erster der Tabelle in das direkte Duell (Anstoß 18:30 Uhr MESZ, ab 18:15 Uhr im DW-Liveticker). Vier Punkte trennen die beiden Klubs, die Partie wird also der erhoffte Showdown im Meisterschaftsrennen.
Immer, wenn es darauf ankommt
Allerdings kommt es dabei in erster Linie auf die Dortmunder an. Versagen sie im direkten Duell mit dem FC Bayern wie schon in der Vorsaison, ist das Thema Meisterschaft erneut durch. Damals - ebenfalls am 28. Spieltag - reisten die Schwarz-Gelben als Tabellenführer nach München, lieferten dann aber ein katastrophales Spiel ab, in dem die Angst Fehler zu machen, sie so sehr lähmte, dass die Partie am Ende mit einem klaren 5:0 an die selbstbewussten Münchner ging.
Und obwohl der BVB auch danach nur einen Punkt Rückstand auf die Bayern hatte, und die Münchner in den restlichen Saisonspielen sogar noch Punkte liegen ließen, kam man nicht mehr am Rekordmeister vorbei.
Diesmal betrüge die Lücke bei einer Dortmunder Niederlage sieben Punkte - der Traum vom Titel wäre ausgeträumt. Für Lucien Favre würde es im Sommer dann wohl nicht weitergehen in Dortmund. Im DFB-Pokal ist man bereits im Achtelfinale an Werder Bremen gescheitert. Auch in der Champions League war früher Schluss als erwünscht. Nach einem 2:1-Hinspielerfolg gegen Paris St. Germain ging man im Rückspiel unerklärlicherweise mit 0:2 unter und schied doch noch aus.
Suche nach Klopp 2.0 beginnt
Die Zweifel der Verantwortlichen am nicht immer ganz einfachen Schweizer Trainer sind damit noch einmal größer geworden. Favre - so der Eindruck, der sich verfestigt - ist zwar ein absoluter Fußball-Fachmann, er eignet sich allerdings nicht als Motivator und kann unter Druck einfach keine entscheidenden Spiele gewinnen. Oder anders formuliert: Lucien Favre ist nicht Jürgen Klopp. Wo andere die Meisterschaft als klares Ziel formulieren, wiegelt Favre eher ab, bleibt bescheiden und zurückhaltend.
Das kann man sympathisch finden - aber Deutscher Meister wird man so nicht. In der BVB-Chefetage werden daher spätestens ab Mittwochmorgen die Überlegungen losgehen, wer Favre im Sommer ersetzen kann - und welcher Trainerkandidat beides mitbringt: Favres fußballerischen Sachverstand und Klopps Fähigkeit zu begeistern und mitzureißen.
FC Bayern gegen Borussia Dortmund: Klassiker der Bundesliga
Ostersamstag geht es nicht um die Meisterschaft der Fußball-Bundesliga. Doch Duelle des FCB und BVB sorgen immer wieder für denkwürdige Momente: ob Kahns "Kung-Fu-Tritt", eine Elf-Tore-Packung oder einen Stürmer im Tor.
Bild: Revierfoto/dpa/picture alliance
Sieg auf "roter Erde"
Eines der ersten Duelle der beiden Widersacher in der Bundesliga endet mit einem klaren Erfolg für den BVB: Schwarz-Gelb gewinnt 1967 im Stadion Rote Erde mit 4:0 - der Untergrund auch damals übrigens schon entgegen des Stadion-Namens: grüner Rasen.
Bild: picture-alliance/dpa
Demontage durch den "Bomber"
Der "Bomber der Nation", Gerd Müller (2.v.l.), ist mit vier Toren hauptverantwortlich für eine der bittersten Pleiten der BVB-Vereinsgeschichte: 11:1 siegt der FC Bayern München an jenem denkwürdigen 27. November 1971 - der bis heute höchste Sieg der Bayern in der Bundesliga.
Bild: picture-alliance/dpa
Wie kann er den nicht machen?
Diese Frage stellen sich damals alle Fans, sowohl die des BVB als auch jene des FCB: Dortmunds Angreifer Frank Mill (l.) hat Bayern Keeper Jean-Marie Pfaff (r.) am 9. August 1986 bereits ausgespielt, läuft mutterseelenallein auf das leere Tor zu, trifft dann aber aus kurzer Distanz nur den Pfosten. Durch diesen Kunstschuss im negativen Sinn endet das Spiel "nur" 2:2.
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Heul doch!
Dortmunds Andreas Möller (r.) ist eine schillernde Figur auf dem Platz: manchmal genial am Ball, manchmal mit grotesken Schwalben. Bayerns Lothar Matthäus legt 1997 im Duell der Mittelfeld-Regisseure den Finger in diese Wunde und nennt Möller wild gestikulierend eine "Heulsuse". Freunde werden die beiden Nationalmannschaftskollegen nie.
Bild: imago/Team 2
Kung-Fu-Kahn
Freunde macht sich auch Oliver Kahn eher selten in Dortmund: Der "Torwart-Titan" (r.) scheint im April 1999 zu 100 Prozent aus Adrenalin zu bestehen. In Kung-Fu-Manier springt er Richtung BVB-Angreifer Stéphane Chapuisat. Der kann gerade noch flüchten. Im gleichen Spiel knabbert Kahn außerdem am Hals von Chapuisats Sturmkollege Heiko Herrlich.
Bild: imago/Team 2
Schlacht der Hitzköpfe
Ein Spiel, das niemanden kalt lässt: Im April 2001 kämpfen beide Teams mit einer bis dahin in diesem Duell noch nie da gewesenen Härte gegeneinander: Drei Platzverweise und 13 Gelbe Karten sind die Bilanz dieses "Foul-Spiels", das eigentlich permanent vom Schiedsrichter unterbrochen werden muss. Tore gibt es auch. Das Spiel endet schiedlich-friedlich 1:1.
Bild: imago/Team 2
Sein Kasten blieb sauber
Jan Koller ist eigentlich Stürmer. Doch im November 2002 schult er kurzerhand auf Torhüter um - gezwungenermaßen. Nachdem Jens Lehmann vom Platz fliegt und der BVB nicht mehr wechseln darf, geht der 2,02 Meter große Koller in der 67. Spielminute ins Tor. Er hält seinen Kasten sauber und pariert sogar einen Gewaltschuss von Michael Ballack. Dennoch gewinnt der FCB am Ende mit 2:1.
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Wachablösung auf Zeit
2011 und 2012 ist auf einmal der BVB ganz oben. Unter Jürgen Klopp gewinnen die Dortmunder zwei Meisterschaften und holen 2012 sogar das Double. Im Pokalfinale fertigen sie die Bayern mit 5:2 ab. Viele sprechen damals von einer Demütigung der Bayern und einer Wachablösung im deutschen Fußball. Allerdings: Wie sich zeigt, ist das nur eine Momentaufnahme.
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Arjen Robben und sein Golden Goal
Den "Biggest Point" holen die Bayern: Das Spiel der Spiele entscheiden die Münchener für sich. Im Champions-League-Finale 2013 in London feiern am Ende die Roten. Allen voran Siegtorschütze Arjen Robben, der das 2:1 im Wembley-Stadion schießt und seinen Verein mit der Vollendung des Triples aus Meisterschaft, Pokal und Königsklasse an die Spitze des europäischen Fußballs katapultiert.
Bild: Reuters
(Kein) Duell auf Augenhöhe
Einige Jahre lang geben sich beide Klubs nicht viel - mal gewinnt der eine, mal der andere. Aber Meister werden nach 2012 am Ende immer die Bayern. Nachdem Torjäger Robert Lewandowski (l.) 2014 vom BVB nach München wechselt, schlägt das Pendel mehr und mehr zugunsten der Bayern um. Hohe Siege, wie das 6:0 im März 2018 (Foto), sind keine Seltenheit.
Bild: imago/ActionPictures/P. Schatz
Anfang einer Durststrecke
Ihren bisher letzten Sieg in der Bundesliga gegen Bayern schaffen die Dortmunder im November 2018. Paco Alcacer (l.) und Marco Reus erzielen damals die Tore zum 3:2 des BVB. Doch damit beginnt eine "schwarze Serie" für Dortmund, das sich in den Folgejahren an Dauermeister München in der Liga die Zähne ausbeißt. Einzige Ausnahme ist der DFL-Supercup 2019, den der BVB mit 2:0 gegen Bayern gewinnt.
Bild: Ellerbrake/Fotostand/picture alliance
Tiefpunkt gegen Mainz
Der wohl bitterste Moment der Dortmunder Vereinsgeschichte ereignet sich Ende der Saison 2022/2023. Der BVB braucht im Fernduell mit dem FC Bayern um die Meisterschaft nur einen Sieg gegen den FSV Mainz, dann hat man nach elf Jahren wieder den Titel. Doch die Dortmunder schaffen es nicht und lassen sich auf der Zielgeraden doch noch von den Münchenern abfangen.
Bild: Wolfgang Rattay/REUTERS
Dreifacher Kane
Das Hinspiel in der aktuellen Saison endete ebenfalls mit einem Sieg für die Münchener. Ihrem neuen Torjäger Harry Kane gelangen beim 4:2 Auswärtserfolg drei Treffer. Es war das zehne Bundesliga-Duell in Folge, das der FCB gegen Dortmund nicht verlor. Dabei schafften die Bayern neun Siege und leisteten sich nur ein Unentschieden.
Bild: Revierfoto/dpa/picture alliance
Auf beiden Bänken
Für Thomas Tuchel ist es die vorerst letzte Teilnahme am deutschen Klassiker. Der Bayern-Coach ist einer von mehreren Trainern, die sowohl den FC Bayern als auch Borussia Dortmund trainiert haben. Zu diesem illustren Kreis zählen unter anderem auch Ottmar Hitzfeld, Otto Rehhagel, Udo Lattek und Ex-Bundestrainer Erich Ribbeck.