Sechsmal Formel-1-Weltmeister - ein Titel fehlt Lewis Hamilton noch zum Schumacher-Rekord. Seine Strahlkraft reicht aber bereits in höhere und ganz andere Sphären als die von "Schumi", meint Andreas Sten-Ziemons.
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Sechs Weltmeisterschaften in der Formel 1, das hat vor Lewis Hamilton nur einer geschafft: Michael Schumacher hält mit sieben Fahrertiteln den Rekord. Noch! Denn auch in der kommenden Saison wird die Vergabe der Weltmeisterschaft nur über Hamilton gehen. Und solange bei der Scuderia Ferrari ähnlich oft merkwürdige taktische Entscheidungen getroffen werden wie in diesem Jahr und die "Roten" wegen der ungeklärten Hierarchie-Frage dem eigenen Erfolg weiterhin selbst im Wege stehen, ist Hamilton der heißeste Anwärter auf den Titel.
Bester Fahrer, bestesTeam
Der Brite hat seinen sechsten WM-Sieg aber nicht von der strauchelnden Konkurrenz geschenkt bekommen, sondern hat ihn sich mit seinem herausragenden fahrerischen Können und der Fähigkeit, so gut wie keine Fehler auf der Strecke zu machen, auch selbst erarbeitet. Hinzu kommt ein Team - allen voran Mercedes-Sportchef Toto Wolff und Stratege James Vowles, das mit seinen cleveren Entscheidungen in einigen Rennen den Unterschied ausmachte. Außer Frage steht auch, dass die klare Konstellation bei den Silberpfeilen - Hamilton als Nummer eins, Valtteri Bottas als Nummer zwei - von Vorteil ist.
Während Sebastian Vettel seine letzte Chance auf einen Titel mit Ferrari in diesem Jahr verpasst zu haben scheint - Teamkollege Charles Leclerc wird nächste Saison noch stärker am Sockel des vierfachen Weltmeisters rütteln, ist Hamilton auf dem besten Weg, auch die letzten Bestmarken zu knacken, die noch von Michael Schumacher gehalten werden. Der siebte WM-Titel ist greifbar, mit 83 Grand-Prix-Siegen fehlen Hamilton nicht mehr viele zu Schumachers Rekord (91).
An Strahlkraft hat der 34-jährige Hamilton den deutschen Rekord-Weltmeister ohnehin längst überflügelt. Schumacher wollte am liebsten nur als Rennfahrer wahrgenommen werden. Glanz und Glamour abseits der Strecke brauchte er nicht. Das Rampenlicht hat der siebenfache Weltmeister nie gesucht. Wichtiger war ihm seine Privatsphäre, die sein Umfeld auch jetzt, in den Jahren nach seiner schweren Kopfverletzung, auf beeindruckende und respektable Art und Weise schützt.
"Mein Leben soll eine Bedeutung haben"
Hamilton ist ein ganz anderer Typ als Schumacher. Gerne nutzt er die sozialen Medien, hat dort Millionen Follower, die er nicht nur mit Schnappschüssen von Modenschauen, Filmpremieren und Kurzurlauben an exotischen Reisezielen unterhält. Er äußert sich gerne auch zu aktuellen Themen der Politik, twittert zu #BlackLivesMatter oder kritisiert US-Präsident Trump in Interviews wegen dessen Frauenfeindlichkeit.
Kürzlich äußerte sich Hamilton zu einem Thema, dass für ihn auch zunehmend wichtiger zu werden scheint. "Es macht mich traurig, wenn ich darüber nachdenke, wo diese Welt hinsteuert. Die Welt ist ein kaputter Ort", schrieb er auf seinem Instagram-Account, dem 13,2 Millionen Menschen folgen. Hamilton prangerte Fleisch- und Milchindustrie an, Grausamkeiten gegen Tiere, Meere und Klima, das Waldsterben und das Versagen beim Artenschutz. Offenbar stört es ihn dabei gar nicht, dass er an der Spitze einer Sportart steht, die alles andere als umweltfreundlich ist. "Ich will, dass mein Leben eine Bedeutung hat", verkündete Hamilton weiter und meinte damit sicherlich nicht nur seine Bedeutung als Rennfahrer.
Andere Weltstars, zum Beispiel die Schauspieler Leonardo Di Caprio, George Clooney und Angelina Jolie, haben längst vorgemacht, wie man neben der eigentlichen Profession auch als "Anwalt" für Klima, Umwelt oder Menschenrechte Spuren hinterlässt und für Veränderungen sorgt. Lewis Hamilton kann in dieser Liga locker mitspielen.
Lewis Hamilton - Rekordsieger der Formel 1
Der amtierende Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton hält den Siegrekord in der Formel 1 und baut ihn ständig aus. Der Brite schlüpft in viele verschiedene Rollen und polarisiert - nicht nur auf der Rennstrecke.
Bild: Bryn Lennon/Reuters
Der Rekordhalter
103 Grand-Prix-Siege - kein anderer Fahrer hat das geschafft. Mit dem 92. Erfolg in Portugal Ende Oktober 2020 übertrifft Hamilton die alte Bestmarke von Michael Schumacher. Respekt zollt ihm die Familie Schumacher schon beim Rennen zuvor am Nürburgring. Mick Schumacher überreicht Hamilton einen Helm seines Vaters und erinnert an dessen Worte: "Rekorde sind dazu da, gebrochen zu werden."
Bild: Bryn Lennon/Reuters
Der Rennfahrer
Lewis Hamilton will sich immer mit den Besten messen. Lange ist der Brite fast konkurrenzlos. Die Kombination aus seinem fahrerischen Können, seinem taktisch-psychologischen Feingefühl sowie dem guten Wagen machen ihn jahrelang schier unschlagbar. Mit dem siebten WM-Titel im Jahr 2020 zieht er mit dem deutschen Rekordweltmeister Michael Schumacher gleich.
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Der Provokateur
Hamilton testet stets die Grenzen aus - die seines Boliden und die seiner Gegner. In Baku fährt er während einer Safety-Car-Phase einmal so langsam, dass Sebastian Vettel ihm ins Heck kracht und sich anschließend zu einem Rammstoß in die Reifen Hamiltons hinreißen lässt. Der Brite reagiert aufreizend gelassen und gibt das Unschuldslamm. Die Egos in der Formel 1 sind groß - Hamilton hat das größte.
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Der Teamkollege
Auch an der Seite Hamiltons im selben Team zu fahren, ist nicht unbedingt ein Spaß - zumindest dann, wenn man sich nicht brav in die Rolle der Nummer zwei fügt. Hamilton hat den Anspruch, der Wichtigste zu sein. Auch Nico Rosberg (r.), Weltmeister von 2016, bekommt das vor Jahren immer wieder zu spüren, kann mit den ständigen Sticheleien des Kontrahenten aber nur schlecht umgehen.
Bild: Getty Images/M. Thompson
Der Fan
Großes Vorbild des Mercedes-Piloten ist Ayrton Senna. Als Hamilton im Juni 2017 in Kanada seine 65. Karriere-Pole herausfährt und mit Senna gleichzieht, schenkt ihm dessen Familie einen Helm des 1994 in Imola tödlich verunglückten Brasilianers. "Mit ihm gleichzuziehen und dieses Geschenk zu erhalten, ist die absolut größte Ehre für mich", sagt ein sichtlich bewegter Hamilton damals.
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Der Sohn seines Vaters
Als Hamilton ein Kind ist, opfert Vater Anthony (l.) viel und hat stets mehrere Jobs, um die Rennsport-Laufbahn seines Sohnes zu fördern. Zu Anfang der Formel-1-Karriere ist er Lewis' Manager, bis der Sohn ihn 2010 feuert. Hamilton fühlt sich eingeengt und kontrolliert. Es dauert lange, bis sie wieder zueinander finden. Heute sind sie wieder ein Herz und eine Seele - und nur noch Vater und Sohn.
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Der Sohn seiner Mutter
Die Familie ist für Hamilton aber nach wie vor wichtig. Immer wieder sieht man auch seine Mutter Carmen Larbalestier bei den Rennen. "Meine Mama ist meine beste Freundin", sagt Hamilton über sie. "Sie war immer eine sehr große Unterstützung für mich. Sie ist so lieb und herzlich." Hamiltons Eltern heiraten 1979, trennen sich aber, als der kleine Lewis zwei Jahre alt ist.
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Der Bruder
Hamilton ist ein Familienmensch: Seinem jüngerer Halbruder Nicolas (r.) ist er stets ein Vorbild. Nicolas leidet unter den Folgen einer Kinderlähmung und sitzt als Kind einige Jahre im Rollstuhl. Doch er kämpft und schafft es 2015 - dem Beispiel des Bruders folgend - ebenfalls Rennfahrer zu werden: in der britischen Tourenwagen-Serie. Sein großer Bruder platzt fast vor Stolz.
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Der Verzweifelte
Im Herbst 2019 machte sich Hamilton auch über tiefgehende Dinge Gedanken: Auf seinem Instagram-Account schreibt er: "Die Welt ist ein kaputter Ort. Warum soll man sich kümmern, wenn die Welt ein solches Chaos ist und die Menschen nicht den Eindruck machen, dass sie das interessiert." Wenig später ist der Beitrag verschwunden. Plagt da den PS-starken Serienweltmeister das grüne Gewissen?
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Der Aktivist
Als nach den Toden der Polizei-Opfer George Floyd und Breonna Taylor die ganze Welt über Rassismus und die Rechte der Schwarzen diskutiert, ist es Hamilton, der das Thema mit Vehemenz auch in die Formel 1 bringt. Auf sein Betreiben hin fahren die Silberpfeile von Mercedes in Schwarz. Hamilton gibt Interviews zum Thema, trägt die Slogans auf Shirts, Helm und Auto und besucht Anti-Rassimus-Demos.
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Das Wunderkind
Hamilton (2.v.r.) beginnt im Alter von acht Jahren mit dem Kartsport und feiert bereits früh Erfolge. Nach seinem dritten Jahr und dem Durchlaufen verschiedener Rennserien kommt er erstmals mit einem der Großen aus der Formel 1 in Kontakt: Bei einer Ehrung talentierter Nachwuchsfahrer 1996 in London überreicht der spätere Doppel-Weltmeister Mika Häkkinen (r.) die Trophäen.
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Der Ziehsohn
Eine der wichtigsten Figuren in der Karriere Hamiltons ist Ron Dennis (l.). Der langjährige Teamchef von McLaren ist beeindruckt von dem zehnjährigen Knirps, der ihn um ein Autogramm bittet und gleichzeitig mitteilt, er wolle später bei Dennis im Team fahren. Drei Jahre später nimmt Dennis Hamilton im Rahmen des McLaren-Nachwuchsprogramms tatsächlich unter Vertrag.
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Der Liebhaber
Schauspielerin Kate Hudson, Sängerin Rihanna, Tennisprofi Maria Scharapowa und zahllose Models - Hamilton werden viele Liebschaften nachgesagt. Am längsten an seiner Seite sieht man Nicole Scherzinger (r.), Frontfrau der Pussycat Dolls, die - mit Pausen - von 2008 bis 2015 seine Partnerin ist.
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Der Modefreak
Hamilton achtet sehr auf sein Äußeres und bewegt sich gerne in der Welt der Reichen und Schönen. Oft sitzt er bei Fashion Shows in der ersten Reihe - wie hier 2017 mit Topmodel Naomi Campbell (l.) am Catwalk von Versace in Mailand. 2018 geht der Brite selbst unter die Designer und bringt eine eigene Modekollektion auf den Markt: T-Shirts, Pullover, Jacken, Hosen und Unterwäsche.
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Der Partylöwe
Während andere Fahrer die Pausen zwischen den Rennen zum Abschalten bei der Familie und zur Regeneration nutzen, geht Hamilton lieber auf die Piste und besucht gemeinsam mit anderen Stars und Sternchen Partys in noblen Klubs. Die Berichterstattung über sein Nachtleben übernimmt er gleich selbst - auf Instagram, wo ihm 25 Millionen Fans folgen.
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Der Finanz-Jongleur?
Im Zusammenhang mit den Paradise Papers fällt 2017 auch sein Name. Er hat seinen Privatjet über die Isle of Man nach Großbritannien eingeführt und Steuern gespart - eine gängige Praxis, die nicht illegal ist. Fragen gibt es lediglich, weil der Jet nicht ausschließlich geschäftlich genutzt wird. Hamilton sagt, er vertraue seinen Ratgebern, die ihm versichert hätten, alles sei korrekt abgelaufen.