1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Lindners verpasste Chance

Thurau Jens Kommentarbild App
Jens Thurau
7. Januar 2019

FDP-Chef Lindner sagt: Heute würde seine Partei doch in eine Regierung mit Union und Grünen einwilligen. Dumm nur, dass jetzt keine der anderen Parteien mehr ein Bündnis mit den Liberalen will, meint Jens Thurau.

Bild: picture-alliance/dpa/S. Gollnow

Jetzt also doch: "Würde man uns fragen, würden wir sprechen", sagte FDP-Chef Christian Lindner dem "Spiegel". Gemeint sind Gespräche über eine gemeinsame Bundesregierung mit CDU, CSU und Grünen, notfalls auch ohne Neuwahlen, mitten in der Wahlperiode. Natürlich dann ohne Angela Merkel als Kanzlerin. Verhandlungen um ein Bündnis genau dieser Parteien gab es nach der jüngsten Bundestagswahl im Herbst 2017 schon einmal, aber Lindner selbst beendete die Gespräche mit einer spektakulären Flucht: "Lieber gar nicht regieren, als schlecht regieren", lautete damals sein Motto. Richtig gut bekommen ist das seiner Partei aber nicht.

Die Grünen im Aufwind

Der anderen Partei, die damals nicht zum Zuge kam, hingegen schon: Die Grünen profitierten in den Monaten danach nicht zuletzt vom Image, das schwierige neue Bündnis bis zum Ende wenigstens ernsthaft versucht zu haben. Jetzt liegt die Umweltschutzpartei in den Umfragen bei rund 20 Prozent. Und die hätten sie gern durch Neuwahlen quasi Schwarz auf Weiß. Die Lust, sich mitten im Getümmel mit der FDP und einer Union unter einer möglichen neuen Kanzlerin Annegret Kramp-Karrenbauer auf ein waghalsiges Abenteuer einzulassen, ist bei den Grünen gering ausgeprägt. Warum auch? Die neue Parteispitze um Robert Habeck und Annalena Baerbock kommt gut an im Volk, die Grünen wollen daraus bei den Wahlen in diesem Jahr - in Europa, im Stadtstaat Bremen sowie drei ostdeutschen Bundesländern - Kapital schlagen. Das ist ihre Priorität.

Jens Thurau ist Korrespondent im Hauptstadtstudio

Und auch für die FDP selbst würde das Unternehmen Regierungsbeteiligung im zweiten Anlauf alles andere als einfach. Von Anfang an würde Lindner unter Druck stehen: Ein weiteres Mal dürften Koalitionsgespräche an ihm nicht scheitern, das würde seine Position von Anfang an schwächen. Und inhaltlich haben die drei potenziellen Regierungspartner Union, FDP und Grüne seit den krachend gescheiterten Gesprächen von damals auch keine Fortschritte gemacht.

Und überhaupt: Es gibt ja eine Regierung in Deutschland. Vielleicht keine besonders tatkräftige und souveräne, aber immerhin: Die Kanzlerin hat ihren Teilrückzug verkündet, sie hat den CDU-Parteivorsitz abgegeben, ihre Wunschkandidatin als neue CDU-Chefin ist mit Annegret Kramp-Karrenbauer zum Zuge gekommen. Die Fronten sind geklärt, Merkel scheint fest entschlossen, ihre letzte Wahlperiode ordentlich zu Ende zu bringen. Und der SPD, ihrem jetzigen Koalitionspartner, sind Neuwahlen bei Umfragen von rund 15 Prozent schon mal gar nicht zuzumuten. Den Sozialdemokraten kann es nur darum gehen, in der Regierung so lange wie möglich auf bessere Zeiten zu hoffen. Mit anderen Worten: Je länger das Ende dieser Regierung heraufbeschworen wird, desto länger wird sie wohl durchhalten.

Nochmal Nein sagen wird Lindner nicht

Zurück zur FDP: Der geht es eigentlich ganz gut. Immerhin zehn Prozent in den Umfragen, so schlecht ist das nicht. Aber es wird eben immer deutlicher: Lindner hat seiner Partei mit seinem Abgang aus den Jamaika-Gesprächen im November 2017 eine Hypothek auferlegt, die bis heute Auswirkungen hat. Und vor allem kaum aus der Welt zu schaffen ist. Noch einmal wird er das nicht tun, soviel ist sicher.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen