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Politik

Lula, Brasiliens tragischer Held

13. Juli 2017

Erfolg bleibt Erfolg. Wie auch immer das endgültige Urteil gegen Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva ausfallen wird - seine Lebensleistung wird dadurch nicht geschmälert, meint Astrid Prange de Oliveira.

Bild: Reuters/P. Whitaker

Brasilien stößt seinen Helden vom Thron. Neun Jahre und sechs Monate Haft - so lautet das vernichtende Urteil gegen Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva. Der Übervater Brasiliens, der das Land von 2003 bis 2011 regierte, wurde vom Gericht der Korruption für schuldig befunden.

Das Urteil von Richter Sérgio Moro ist ein Verdikt mit politischer Sprengkraft. Es demontiert die bisher größte politische Legende Brasiliens. Es ist die erste Verurteilung eines Ex-Präsidenten in der Geschichte Brasiliens.

Und dennoch wird das Urteil kein politisches Erdbeben auslösen. Denn Richter Moro lässt Lula bis zum Richterspruch in letzter Instanz auf freiem Fuß. Hätte er dies nicht getan, wäre in Brasilien wahrscheinlich ein politischer Aufruhr ausgebrochen. Denn Lula ist immer noch einer der beliebtesten Politiker des Landes. Solange er nicht endgültig verurteilt ist, kann er für die kommenden Präsidentschaftswahlen im Oktober 2018 kandidieren.

Hoffnungsträger der Armen

Der 71-jährige Politikveteran kann auf ein Respekt einflößendes politisches Vermächtnis zurückblicken. Er kämpfte gegen die Militärdiktatur, die zwischen 1964 und 1989 in Brasilien herrschte, organisierte eine schlagkräftige Gewerkschaftsbewegung und gründete die brasilianische Arbeiterpartei PT, die zwölf Jahre lang das Land regierte. Seine größte Leistung: Mit Hilfe von preisgekrönten Sozialprogrammen holte er über 20 Millionen Menschen aus der Armut.

DW-Redakteurin Astrid Prange de Oliveira

Lula trat an, um sein Land vom "Straßenköter-Komplex" zu befreien. Der von ihm geprägte Ausdruck sagt viel über ihn selbst aus. Denn als Kind aus einer armen Familie aus dem Nordosten Brasiliens kämpfte er jahrelang gegen Minderwertigkeitsgefühle und Vorurteile. Ein Metallarbeiter und Gewerkschafter im Präsidentenpalast - das schien in Brasilien lange undenkbar.

Nach dem politischen Siegeszug droht nun der politische Absturz - für den 71-jährigen Ex-Präsidenten geht es jetzt darum, sein politisches Erbe zu verteidigen. Und nicht persönlich zu Grunde zu gehen. Denn die Verurteilung trifft ihn nach einer schweren Krebserkrankung und dem Tod seiner Ehefrau Marisa besonders hart.

Für Lulas zahlreiche Anhänger geht es darum, "ihren" Übervater zu verteidigen. Denn viele fühlen sich durch das Urteil selbst angegriffen. Nach der Amtsenthebung von Brasiliens Ex-Präsident Dilma Rousseff vor einem Jahr, der keine Straftat nachgewiesen werden konnte, betrachten sie den Richterspruch gegen Lula als "politische Hexenjagd".

Wer kommt als nächstes hinter Gitter?

Aber auch die politischen Gegner Lulas halten den Atem an. Sie müssen sich die bange Frage stellen, wer als Nächstes hinter Gitter kommt. Gegen den amtierenden Präsidenten Michel Temer läuft ein Strafverfahren wegen Korruption. Der ehemalige Präsident des Kongresses, Eduardo Cunha, sitzt bereits seit Oktober 2016 in Untersuchungshaft. Brasiliens politische Klasse steht am Pranger. Insgesamt 82 Personen wurden im Rahmen der Aufklärung des Korruptionsskandals "Waschstraße" bisher angeklagt. Elf davon sind bereits rechtskräftig verurteilt.

Der Richterspruch von Brasiliens berühmten Kämpfer gegen Korruption Sergio Moro macht Lula zum tragischen Helden. Tragisch nicht nur für Lula selbst, sondern für ganz Brasilien. Denn in dem politisch polarisierten Land geht die Verurteilung des Ex-Präsidenten vielfach mit der Verurteilung seiner Politik einher. Zu Unrecht. Die politische Lebensleistung des Ex-Präsidenten ist enorm. Ihr gebührt weiterhin größte Anerkennung.

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