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Mahner, nicht Revolutionär

20. September 2015

Der Papst besucht Kuba: Franziskus - ein echter Revolutionär? Nein, meint unser Reporter Christoph Strack.

Bild: Reuters/T. Gentile

Ein Revolutionär - dieses Prädikat wird Papst Franziskus gerne zugesprochen. Wie er den Stil des Papstamtes verändert hat, wie er seine Kirche zur Neubesinnung aufruft, wie er der Welt ins Gewissen spricht. Nun spricht der Papst aus Lateinamerika also auf dem Platz der Revolution im Herzen des sich so revolutionär gerierenden Staates Kuba, unter dem ikonischen Bild von Che Guevara.

Blick für Leidende

Und Franziskus preist dort wahrlich nicht die Revolution - er preist den uneigennützigen Dienst und den Einsatz für den Nächsten. Ein Einsatz, der im Denken Franziskus' immer unabhängig sein muss von Partei-, Kirchen- oder Religionszugehörigkeit. Er mahnt den Blick an für Schwäche und Gebrechlichkeit, für Leidende und Schutzlose. Es gibt sie - auf Kuba trotz aller ach so tollen Revolution, in den USA trotz aller unbegrenzten Möglichkeiten.

Und wenn Franziskus dabei vor "Elitismus" warnt und vor dem Streben nach Überlegenheit der Privilegierten, dann klingen auch da verschiedene Perspektiven heraus. Kubas politisches System kennt solche Eliten und Nutznießer. Aber die Mahnung gilt auch für Kubas Kirche, die gelegentlich um ihren Kurs ringt und manche Bande zu konservativen Exil-Kubanern nach Washington hat.

Christoph StrackBild: DW


Es waren gewiss weit mehr Menschen, die vor 17 Jahren den "Platz der Revolution" in Havanna füllten. Damals kam wohl eine Million, um Johannes Paul II. zu erleben, den Papst aus dem Kommunismus. Das war 1998 der erste Besuch eines Kirchenoberhaupts auf der Insel überhaupt.

Grenzen überwinden

Nun ist Franziskus der erste Papst, der von Kuba aus direkt in die USA, nach Washington weiterreisen wird. Der beide Länder während einer Reise besucht und damit deren Zusammengehörigkeit insinuiert. Er zeigt damit, dass alle Grenzen zu überwinden sind. Auch zwischen Erzfeinden. Versöhnung - wie sie die ganze Welt brauche "in der Zeit des dritten Weltkriegs, der sich in Etappen vollzieht", sagt er auf dem Flughafen von Havanna. Es spricht wahrlich nicht gegen die ersten Reden von Franziskus auf Kuba, dass er sie auf der ewig revolutionären und leidenden Insel vortragen kann wie im Herzen des Kapitalismus, in New York oder Washington. Als Mahnung sind sie unbequem, hier wie da.

"Man dient nicht Ideen, man dient dem Menschen", predigt er den Kubanern. Franziskus ist in Havanna kein Revolutionär und erst recht kein Politiker. Seine Sonntagsmesse hätte, in ihrem Tempo ohne liturgische Schnörkel wie - vor allem - in ihrem Predigtton, die eines Gemeindepfarrers in Irgendwo sein können.

In ihrer drastischen Füllung - die Rede vom schleichenden Dritten Weltkrieg kehrt nun öfter wieder bei Franziskus - werden solche Reden prophetisch warnend, mahnend. Dass sich niemand täusche - die Bibel kennt Propheten, die verjagt wurden, ungehört und erfolglos blieben, lästig waren. Franziskus zieht als Prophet und Seelsorger in die Neue Welt. Revolutionen überlässt er anderen.

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