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Politik

May vollzieht die Brexit-Wende

Barbara Wesel Kommentarbild App *PROVISORISCH*
Barbara Wesel
27. Februar 2019

Eine Kabinettsrevolte hat Theresa May zur Korrektur ihres Brexit-Kurses bewegt. Und der Labour-Chef will plötzlich ein neues Referendum. Damit ist der Brexit womöglich abgewendet, meint Barbara Wesel.

Bild: DW/ Dominik Joswig

Aus der Distanz betrachtet ruft das Brexit-Drama in London längst eine Mischung aus Schrecken und Gelächter hervor. Jeder neue Auftritt von Theresa May wird nur noch mit Spott quittiert. Und viele Beobachter flehen längst, bei "Maybot" - dem Roboter Theresa May - bitte das Laufwerk neu zu programmieren. Und Albert Einsteins berühmter Satz, dass Wahnsinn darin liege, immer das Gleiche zu tun, aber stets ein unterschiedliches Ergebnis zu erwarten, wurde schon reichlich zitiert.

Zum Umdenken gezwungen

Theresa May hat nun nicht etwa eine Erleuchtung gehabt. Ein Aufstand in ihrem Kabinett zwang sie zum Nachgeben. Ihre Sturheit war längst zum Problem geworden und stand einer Lösung nur noch im Wege. Erst eine veritable Revolte mit einem Dutzend Rücktrittsdrohungen in den eigenen Reihen hat dazu geführt, dass May endlich ein Hintertürchen öffnete und eine Verlängerung der Brexit-Frist in Aussicht stellte.

Barbara Wesel ist DW-Korrespondentin in Brüssel

Das allein ist noch keine Lösung, denn ein Aufschub ändert zunächst nichts an der Sache. Aber immerhin scheint jetzt der unmittelbare Sturz über die Klippe - ein ungeregelter Brexit am 29. März - abgewendet. 

Die Europäer können also zunächst aufatmen. Sie müssen aber gleich nachfragen: Und was ist der Plan, um in den gewonnenen Monaten eine Lösung zu finden? Denn die ideologischen Grabenkämpfe zwischen harten Brexiteers, moderaten Konservativen, Europafreunden, frustrierter Opposition und Wirtschaftsvertretern in Großbritannien toben ungehindert weiter.

Die Premierministerin aber, die in der Stunde der Not Führungsstärke zeigen und für ihre Bürger handeln müsste, hat jämmerlich versagt. Und der kleine Ausweg, den May jetzt mit der Verlängerungsoption geboten hat, muss erst noch mit Inhalt gefüllt werden. Daran arbeiten inzwischen überparteiliche Gruppierungen. Sie retten den Glauben an eine Restvernunft in der Politik.

Kurswechsel auch bei der Labour Party

Zur Tragödie des Brexit gehörte ja, dass der Oppositionsführer  ideologisch die ganze Zeit über genauso vernagelt war, wie die Regierungschefin. Auch bei der Labour Party brauchte es einen Schock, nämlich den Parteiaustritt von einer Gruppe von prominenter Abgeordneter, damit nun Jeremy Corbyn endlich ein Einsehen hatte.

Jetzt setzt er sich für ein zweites Referendum ein. Es könnte dafür politisch inzwischen zu spät sein. Außerdem hätte seine Partei nicht so viel Unterstützung und Glaubwürdigkeit verloren, wäre Corbyn schon früher unter dieser Fahne marschiert.

Dabei ist eine erneute Befragung der Bürger eigentlich der beste und logische Ausweg aus der gegenwärtigen Sackgasse. Und das Geschrei der Brexiteers, dass damit der Wille des Volkes missachtet würde, ist nicht ernst zu nehmen. Schließlich dürfen wir auch alle vier Jahre eine neue Regierung wählen. Warum also sollte man nicht rund drei Jahre nach einem Referendum zu einem so wichtigen Thema, noch einmal darüber abstimmen dürfen? Zumal inzwischen alle so viel mehr darüber wissen, was der Brexit wirklich bedeutet.

Unheil jetzt abgewendet?

Der Kurswechsel bei Regierung und Opposition eröffnet jetzt die Chance, kurz vor dem Abgrund noch auf die Bremse zu treten. Bisher schien das britische Brexit-Fahrzeug ja ungehindert auf den Abgrund zuzurasen, eine Szene wie aus einem Horrorfilm. Alle schauen zu und rufen: Neiiiiin!

Das Unheil ist zwar noch nicht ganz abgewendet, aber die Verantwortungsbewussten in beiden großen Parteien haben zumindest jetzt zumindest die Mittel, das Steuer noch herum zu reißen. Briten und EU könnten, wenn es gut geht, mit dem Schrecken davon kommen.

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