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TV-Duell: Merkel gegen Steinbrück

Kay-Alexander Scholz2. September 2013

Inhaltlich kam beim TV-Duell zwischen dem SPD-Kandidaten Steinbrück und Kanzlerin Merkel nicht viel Neues heraus. Deutlich wurde, wie unterschiedlich die Kontrahenten Politik verstehen. Kay-Alexander Scholz kommentiert.

Beim Kanzlerduell wird sehr genau darauf geachtet, dass die Redezeiten gleich verteilt sind. Über weite Teile der 90-minütigen Sendung, die von vier TV-Sendern in Deutschland übertragen wurde, führte Angela Merkel. Sie hatte die Diskussion vor allem in der ersten Stunde nicht nur qualitativ in der Hand. Während ihr Herausforderer Peer Steinbrück eher steif hinter seinem Pult stand und Merkel nur von der Seite, manchmal sogar fast ängstlich anschaute, forderte die Kanzlerin das Gespräch heraus. Sie wandte sich dem Herausforderer körperlich zu, hielt ihren Kopf schräg und hörte ganz genau hin, was er wohl zu sagen habe.

Merkel ließ sich von den Moderatoren nicht unterbrechen, manchmal forderte sie ihr Rederecht mit strengem Ton ein. Auf Aussagen von Steinbrück reagiert sie direkt, ohne dass einer der vier Moderatoren noch einmal zu Wort kommen konnte. Zur Dramaturgin wurde Merkel auch mit dem Satz: "Wir müssen die Dinge kurz ordnen." Wenn Teile der rund ein dutzend Themenbereiche nach ihrer Sicht noch nicht hinreichend abgearbeitet waren, dann nahm sie einfach später noch einmal Bezug darauf. Soweit die gestrenge Seite von "Mutti", wie Merkel auch genannt wird. "Mutti" hat die Hosen an, die sie wie immer auch wirklich trug.

Merkel wollte Argumente

Das alles war kein Selbstzweck, sondern Merkel versuchte, ihre Politik zu erklären. Und das geht nun einmal nicht immer in 30 Sekunden. Damit prägte sie aber auch die Grundstimmung der Sendung. Es wurde, auch wenn ihr Herausforderer einen völlig anderen Ton anschlug, ein Austausch von Argumenten, kein scharf geführtes Duell mit viel Feuerkraft. Was dem Sinn der Sendung allerdings gut tat. Denn schließlich geht es in Deutschland nicht darum, direkt einen Kanzler oder eine Kanzlerin zu wählen, sondern um das Vorstellen der jeweiligen Wahlprogramme. Wohl deshalb war von Merkel inhaltlich auch nichts wirklich Neues zu erfahren.

Aber "Mutti" wird Merkel auch genannt, weil sie sich bei vielen das Image einer Lotsin durch schwere Zeiten erarbeitet hat. Der Wahlkampf in Deutschland ist ganz auf sie zugeschnitten, sie ist die stärkste Waffe der CDU. Dem blieb sie treu. "Sie kennen mich, wie ich anpacke, wir hatten vier gute Jahre in Deutschland, wir können das nur gemeinsam schaffen", sagte sie in ihrem Schluss-Statement.

Der "Nein"-Sager

Eine Blitzumfrage nach der Sendung ergab dennoch, dass Steinbrück als Sieger aus dem Duell ging oder zumindest mit Merkel gleichauf lag. Seine Warnung gleich zu Anfang zeigte offenbar Wirkung: "Lassen Sie sich nicht einlullen." Steinbrück sprach später auch von "leeren Schachteln, die Merkel ins Schaufenster gestellt hat". Damit kritisierte er ihre Politik als Schönwettershow. Viele seiner Antworten begannen mit "Nein" - denn die SPD will ja schließlich alles anders machen. Manchmal zählte Steinbrück gleich etliche Dinge hintereinander auf, in sehr schnellen Tempo, um zu zeigen, wie schlecht die Lage ist. Angriff auf Merkel - volle Kraft voraus.

Steinbrück malte ein düsteres Bild von Deutschland: Das Gesundheitssystem werde an die Wand fahren. Die Kluft zwischen Arm und Reich sei immer größer geworden. Deutschland müsse gerechter werden und brauche einen grundsätzlichen Aufbruch. Steinbrück bediente damit ein Grundgefühl, was man an vielen Stammtischen im Land hören kann. Zum Beispiel: Vieles sei teurer geworden, die Ersparnisse verlören an Wert, es gebe zu viele schlecht bezahlte Arbeitsplätze.

Merkel war fairer

Wenn es dann aber um Einzelheiten ging, da kam der SPD-Kanzlerkandidat manchmal ins Schlingern. Eine qualitative und nicht quantitative Aussage würde doch ausreichen, sagte er. Oder: Da könne man auf Wikipedia nachschauen. Man müsse "irgendwie den Anstieg begrenzen". Merkel dagegen hatte konkrete Zahlen parat und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

Und ihre Angriffe waren punktgenauer. Die nun so kritisierte Leiharbeit habe doch die SPD selbst unter Kanzler Gerhard Schröder eingeführt. Dass die Euro-Rettungspolitik bei Griechenland gescheitert sei, das habe Steinbrück doch jetzt nur gesagt, weil Wahlkampf sei. Schließlich habe die SPD doch alle Rettungspakete mitgetragen, und das sei ja auch gut so.

Kopf gegen Bauch

Merkel rückte auch manche Behauptung der Moderatoren zurecht. Sie sei schon immer gegen eine PKW-Maut gewesen. Ein weiteres Rettungspaket für Griechenland sei auch nicht neu im Gespräch. Bei allem aber blieb Merkel fair. Und sie malte auch nicht die Lage in Deutschland nur in rosigen Farben, wie Steinbrück es ihr vorhielt. Aber die Richtung stimme, das sei doch wohl zu merken. Denn Deutschland sei gut durch die Krise gekommen.

Während Merkel das Duell nutzen wollte, um zu erklären, versuchte Steinbrück, an Emotionen zu appellieren. Das geht leider recht gut und wirksam, wenn man ein Bild malt, als stehe das Land kurz vorm Untergang oder sich auf Stammtisch-Niveau bewegt: mit Aussagen wie "der Steuerzahler ist der Dumme", "tödliche Dosis für die südeuropäischen Länder" oder "gewisser Irrsinn". Steinbrück stellte sich als mächtiger Retter vor, der "mit 200 Prozent" Wahlkampf mache.

Manch ernsthaften TV-Zuschauer dürfte so viel Getöse verschreckt haben. Andere haben sich dadurch vielleicht in ihrer typisch deutschen Art, eigentlich immer alles schlecht zu sehen, bestätigt gefühlt. In diesem Sinne war das Duell ein Kampf mit ungleichen Waffen: Kopf gegen Bauch. Die Wähler werden darauf ihre eigene Antwort finden. Politik aber braucht sachlichen Streit. Und den hat Merkel besser geführt.

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