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Politik

Merkels Kampf für Afrika

Tansania Jenerali Ulimwengu Journalist
Jenerali Ulimwengu
7. Juli 2017

Afrika steht beim G20-Gipfel ganz oben auf der Tagesordnung. Aber die Bundeskanzlerin muss Ausdauer zeigen, damit der Kontinent bei den Mächtigen der Welt wirklich prioritär bleibt, meint Jenerali Ulimwengu aus Tansania.

Zur Vorbereitung des G20-Gipfels traf sich die Bundeskanzlerin im Juni mit Staatschefs aus AfrikaBild: Getty Images/AFP/J. Macdougall

Wenn Deutschland nun den G20-Gipfel ausrichtet, darf man durchaus Nachsicht mit Bundeskanzlerin Angela Merkel haben. Denn als dieser Gipfel geplant wurde, war ja noch nicht absehbar, dass sie anstelle der unter Donald Trump ahnungs- und orientierungslosen Vereinigten Staaten die Führung der reichen Welt würde übernehmen müssen. Und so stellt sich die Frage, ob sie angesichts dieser Herausforderung überhaupt genug Zeit für Afrikas anhaltende Wirtschaftsprobleme haben kann.

Der Klub der Reichsten dieser Welt hat seinem Gipfel in Hamburg eine ungewöhnlich schwergewichtige Tagesordnung gegeben: Auf dem Programm stehen große Themen wie Terrorismus und Sicherheit, Migration, Klimawandel, Nordkoreas hartnäckiges Atom-Gehabe und auch die gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Globalisierungsgegnern.

Kaum genug Zeit für Afrika

Es ist also wenig realistisch, dass die deutsche Regierung im Besonderen und der G20-Gipfel im Allgemeinen ausreichend Zeit haben werden, über Afrikas Probleme nachzudenken. Zumal diese Probleme schon seit langem ungelöst geblieben sind - ungeachtet der zahlreichen Initiativen und des enormen wirtschaftlichen Potenzials, das der Kontinent zu bieten hat. 

Jenerali Ulimwengu ist Journalist und politischer Kommentator in TansaniaBild: privat

Aber genau das wollen die Deutschen nun ändern. Die Gipfel-Planer in Hamburg haben ein beträchtliches Zeitfenster eingeräumt für das, was die Bundesregierung "Compact with Africa" nennt. Diese Initiative zielt darauf ab, Investitionen in Afrikas Infrastruktur attraktiv zu machen, Arbeitsplätze in afrikanischen Ländern zu schaffen und damit auch zur "Agenda 2063" der Afrikanischen Union beizutragen.

Deutschland hat die Präsidentschaft der G20 im Dezember 2016 mit der erklärten Absicht übernommen, seinen Einfluss in der Welt zu nutzen, um für Afrika etwas zu bewirken. Als wesentliche Plattform hierfür wird der Hamburger Gipfel angesehen, denn hier sollen neue Initiativen für Afrika ins Leben gerufen werden.

Die deutschen Organisatoren hoffen, einen Dialog zwischen den ökonomisch Mächtigen der Welt und afrikanischen Entscheidungsträgern herstellen zu können. Schon im Juni trafen sich zahlreiche afrikanische Staatschefs in Berlin mit Bundeskanzlerin Merkel und einigten sich auf Themen, die beim Gipfel vorrangig behandelt werden sollen. Dazu zählen die ländliche Entwicklung, die Landwirtschaft, Aus- und Weiterbildung, digitale Bildung vor allem für Mädchen, Industrialisierung, Frieden und Sicherheit sowie der Kampf gegen Korruption.

Marshall-Plan - eine Übertreibung!

In Deutschland wurde der Ruf laut nach einem Marshall-Plan für Afrika, angelehnt an den Plan zum Wiederaufbau Europas nach dem Zweiten Weltkrieg, den die Amerikaner ins Leben gerufen hatten. Einige haben dieses Konzept inzwischen den Merkel-Plan. Aber das Ganze ist eine mächtige Übertreibung, denn die Nachkriegszeit im Europa der 1940er- und 1950er-Jahre kann kaum mit dem heutigen Afrika verglichen werden.

Zum einen mündete der Zweite Weltkrieg in einem bipolaren Konflikt der Staatssysteme zwischen der freien und der kommunistischen Welt, in dem die USA ihrem Lager helfen wollte. Nichts dergleichen existiert heute. Zum anderen hat man inzwischen die Erfahrung gemacht, dass über Jahre finanzielle und wirtschaftliche Hilfe nach Afrika geflossen, aber lediglich in einer bodenlosen Grube versickert ist. Das hat zu einer mangelnden Bereitschaft der Geberländer geführt, immer weiteres Geld bereitzustellen. So lange der Kontinent geplagt wird von Korruption und schlechter Regierungsführung darf man an der Effizienz neuer Hilfen zweifeln.

Was ist anders an Merkels Plan?

Hinzu kommt, dass Afrika häufig dafür kritisiert wird, seine eigenen Entwicklungspläne nicht umgesetzt zu haben. Dazu zählt auch der "Lagos Plan of Action of 1980" und die "Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung" (NEPAD) aus dem Jahr 2001. Im Ausland konzipierte Ideen, wie zum Beispiel die sogenannte Blair-Kommission der 1990er-Jahre, haben ebenfalls nicht wirklich etwas erreicht. Zumindest nichts, das darauf hindeuten könnte, das Merkels Konzept jetzt mehr Aussicht auf Erfolg hätte.

Allerdings hat die deutsche Kanzlerin hat in anderen Angelegenheiten bereits enormen Eifer an den Tag gelegt: Ihre Aufnahmebereitschaft und Willkommenskultur gegenüber den Flüchtlingen aus dem Nahen und Mittleren Osten hat ihre Kraft und Ausdauer offenbart. Zudem hat ihr Entwicklungsminister Gerd Müller öffentlich seine Besorgnis über die Perspektivlosigkeit zahlloser junger Afrikaner geäußert: Er befürchte, bald könnten 100 Millionen afrikanische Flüchtlinge in Deutschland Einlass begehren, wenn nichts gegen dieses Problem unternommen werde, sagte er in einem Zeitungsinterview.

Allein diese Furcht ist der entscheidende Anreiz für das deutsche Afrika-Engagement.

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