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Politik

Merkels Plan für die Zukunft

Scholz Kay-Alexander Kommentarbild App
Kay-Alexander Scholz
3. Juli 2017

Das Wahlprogramm von CDU und CSU ist in vielen Punkten klug und richtig, meint Kay-Alexander Scholz. Denn es geht darin um große Linien, auch um Visionen, die an das derzeitige deutsche Selbstbewusstsein andocken.

Bild: picture alliance/dpa/M. Kappeler

Was ist schon ein Wahlprogramm wert? Das fragt sich so mancher in Deutschland und winkt müde ab. Denn darin stünden viele Dinge, die dann entweder sowieso nicht kommen oder andere Dinge, die gar nicht vorgesehen gewesen seien. So ganz falsch ist das ja nicht.

Denn auch das Wahlprogramm von CDU/CSU ist, obwohl die Union beste Chancen hat, die Wahl zu gewinnen und die Kanzlerin zu stellen, noch längst kein Regierungsprogramm. Zuvor müssen nämlich erst einmal eine oder vielleicht auch zwei Parteien gefunden werden, die eine Regierungskoalition mit der Union bilden wollen.

Noch kein Regierungsprogramm

Das passiert in sogenannten "Sondierungsgesprächen". Die dazu da sind, rote Linien sichtbar zu machen. Gibt es davon zu viele, werden die Gespräche abgebrochen. Überwiegen dagegen Gemeinsamkeiten, werden von da an Koalitionsgespräche eingeleitet. Und das heißt vor allem: Kompromisse ausgelotet. Schon dabei fällt so manches Vorhaben wieder unter den Tisch oder bekommt eine etwas andere Färbung. Bei anderen Themen müssen die Partner "Kröten" der jeweils Anderen schlucken. Also ihr Okay zu Zielen geben, die sie selbst eigentlich auf keinen Fall wollten.

DW-Hauptstadtkorrespondent Kay-Alexander Scholz

So funktioniert nun einmal Politik in einer Demokratie wenn Regierungen gebildet werden. Das ist anders als in Diktaturen und auch anders als in einer Alleinregierung. Von der es in Deutschland im Bund allerdings zu Beginn einer Legislaturperiode noch nie eine gab. Und die zudem selbst auf Länderebene inzwischen eher die Ausnahme - vor allem Bayern - ist.

Nun gilt Deutschland aber auch als eine Kanzler-Demokratie. Das heißt, die deutsche Regierungschefin kann Leitlinien vorgeben. Angela Merkel hat das in der Vergangenheit schon häufiger getan: Atomausstieg, Aussetzen der Wehrpflicht, Aufnahme der syrischen Flüchtlinge. Die Kanzlerin hat sozusagen das Recht, auf aktuelle Geschehnisse zeitnah zu reagieren. Davon muss und kann nichts im vorherigen Wahlprogramm stehen.

Merkel: Einfach mal träumen

Übertrieben wäre es, so ein Wahlprogramm deshalb gleich in den Papierkorb zu werfen. Denn abgesehen von ganz konkreten Maßnahmen geht es ja auch um strategische Weichenstellungen. Aber man sollte entsprechende Skepsis zeigen. Merkel selbst hat das in der Pressekonferenz zum Wahlprogramm hintenan erwähnt: Hier könne man einfach mal etwas mehr träumen, später sei man wieder viel mehr in ein Korsett eingepackt, sagte die Kanzlerin. Vor allem, wenn es - wie jetzt - richtige Spielräume gebe. Also genug Geld, um politisch etwas umzusetzen.

Interessant ist vor allem einer der ersten Sätze Merkels: Sie wolle das Land zusammenführen und nicht spalten. An prominenter Stelle ging sie hiermit, ohne es explizit zu erwähnen, auf die Herausforderung durch den Rechtspopulismus ein. Das beste Rezept dagegen ist - so sieht es die CDU-Vorsitzende Merkel, so sieht es auch der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer - eine gute Politik. Geht es den Leuten wirtschaftlich gut, sehen sie sich mitgenommen, haben Vertrauen in die Zukunft und wählen dann auch nicht die AfD, so die Denke. Das sind dann keine akuten Sofort-Maßnahmen wie, um im Bild zu bleiben, Schmerztabletten gegen die AfD. Sondern eher langfristige Therapien, um das Immunsystem zu stärken.

Die Botschaft: Gute Ausgangslage, noch bessere Aussichten

Wenn also Merkel und Seehofer versprechen, bis 2025 Vollbeschäftigung zu schaffen, also die Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt unter drei Prozent zu halten, dann ist das ein optimistischer Ausblick, bei dem viele in Deutschland staunen. So rosig soll die Zukunft werden? Wirklich? Nun ja, das habe Deutschland ja schon einmal geschafft, nämlich von 2005 bis heute, sagt Merkel den Kritikern.

Auch ansonsten habe sie verstanden, was wichtig in der Zukunft wird, so Merkel: Forschungsausgaben sollen weiter erhöht werden. Im Kanzleramt soll ein eigener Staatsminister für Digitalisierung installiert werden. Dieser soll den Ausbau zu einer Gigabit-Gesellschaft in die Hand nehmen. Ein Fachkräftezuwanderungsgesetz mit nur zwei Bedingungen (Arbeitsvertrag und genug Geld zum Leben) für eine Einreise soll die deutsche Variante eines Einwanderungsgesetzes werden. Die Flüchtlingszahlen sollen niedrig bleiben. Keine neuen Schulden, keine Steuererhöhungen soll es geben. So gut geht es Deutschland?

Noch stärker als in den Jahren zuvor stellt Merkel damit Zukunftsthemen in den Mittelpunkt - Demografie, Digitalisierung, Migration. Damit lenkt sie ab von den innenpolitischen Problemen der Gegenwart ab: der mangelnden Integration alter und neuer Migranten, den Problemen bei der Energiewende, dem sozialen Auseinanderdriften und manch anderem. Doch auch Kritiker müssen einräumen, dass sich in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren vieles gut entwickelt hat. Es ist ein sehr stabiles Fundament, auf dem Angela Merkel derzeit steht. Die Umfragen zeigen, dass sie von diesem Podest so schnell niemand von der SPD herunterstoßen kann. Von von dieser Warte aus kann sie etwas mehr über den Horizont hinaus schauen. Erfolg ist verführerisch, auch in der Politik.

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