Motive hinter Nunes-Memo sehr beunruhigend
Nach Wochen hitziger Debatten und gegen die leidenschaftliche Opposition der Demokraten hat das von den Republikanern dominierte US-Repräsentantenhaus am Freitag das Memo veröffentlicht, das nach Ansicht von Präsident Donald Trump belegt, dass führende Mitarbeiter von FBI und Justizministerium ihm gegenüber voreingenommen sind und, so wörtlich, den "heiligen investigativen Prozess zugunsten der Demokraten politisiert" haben.
Im Kern geht es darum, dass die beiden Behörden in ihrem Antrag auf Überwachung des Trump-Wahlkampfhelfers Carter Page nicht offenlegten, dass einige der Informationen aus einem vom Hillary-Clinton-Lager finanzierten Dossier stammten - und dass dessen Autor, Christopher Steele, ein bekennender Trump-Gegner war.
Auch wenn es in der Tat problematisch ist, wenn derartige Informationen über die Quellen nicht im Antrag auf Überwachung kundgetan wurden, so gibt es doch einige Vorbehalte gegenüber der Behauptung.
Fünf Vorbehalte
Erstens wissen wir nicht, ob sie wirklich der Realität entspricht. Denn sie ist letztlich eine selektive republikanische Interpretation von Dokumenten, die vom Geheimdienstkomitee des Repräsentantenhauses erstellt wurde. Und dieses Komitee wird vom Republikanischen Abgeordneten und Trump-Vertrauten Devin Nunes geleitet.
Zweitens war Carter Page aufgrund seiner umfangreichen Russland-Kontakte schon lange im Visier der US-Spionageabwehr, bevor er überhaupt Mitglied in Trumps Wahlkampfteam wurde.
Drittens wäre es rechtlich nicht erforderlich gewesen, den Hintergrund der Quelle zu benennen, um eine Überwachung genehmigt zu bekommen.
Viertens würde die Information aus dieser Quelle nicht automatisch falsch, selbst wenn sie im Antrag nicht offengelegt wurde.
Und fünftens widerlegt das Memo auf seiner letzten Seite - vielleicht unabsichtlich - die von Republikanern häufig geäußerte Überzeugung, dass das Steele-Dossier die Untersuchung ausgelöst habe: Es wird ausdrücklich gesagt, dass die Untersuchung durch Informationen ausgelöst wurde, die vom früheren Trump-Berater George Papadopoulos stammten.
Natürlich wäre es wünschenswert gewesen - angenommen, die Behauptung der Republikaner ist zutreffend -, wenn das Steele-Dossier im Antrag auf Überwachung von Carter Page erwähnt worden wäre - schon allein, um den Verdacht der Voreingenommenheit auszuräumen, über den jetzt gestritten wird.
Blindgänger oder Bombe?
Doch die eigentliche Frage, die gestellt werden muss, ist folgende: Ist das Memo tatsächlich der entscheidende Beweis, dass FBI und Justizministerium in ungeheuerlicher Weise gemeinsame Sache machten, um eine Untersuchung der Trump-Kampagne in die Wege zu leiten? Nein, ist es keineswegs. Vielmehr wirkt das Memo wie ein verzweifelter Versuch Nunes', der übrigens Mitglied in Trumps Übergangsteam war, dem Präsidenten einen Vorwand zu liefern, gegen alle diejenigen im FBI und im Justizministerium vorzugehen, die in seinen Augen ihm gegenüber nicht loyal genug sind. Die also nicht genug dafür tun, die von Trump gefürchtete Untersuchung durch Sonderermittler Robert Mueller, die ihm immer näher kommt, zu verhindern oder zu beenden. Denn das ist letztlich Trumps erklärtes und endgültiges Ziel, dass er sich endlich der Untersuchung Muellers entziehen kann, die seine Präsidentschaft bedrohen könnte.
Und deshalb ist dieses Memo, obwohl es eher ein Blindgänger ist als die von vielen erwartete "Bombe", zutiefst besorgniserregend. Es könnte Trump den Weg bereiten, diejenigen zu feuern oder sie zum Gehen zu bewegen, die ihm im Weg stehen bei seinem Plan, Mueller loszuwerden. Und genauso beunruhigend ist der Gedanke, dass viele, wenn nicht die meisten, Republikaner das gutheißen würden.
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