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Politik

Neuer Präsident - alte Spaltung in Kroatien

6. Januar 2020

Der neue kroatische Präsident Zoran Milanovic steht vor gewaltigen Herausforderungen. Ohne große Befugnisse soll er die tiefe Spaltung im Land überwinden. Vom Erfolg des Präsidenten hängt viel ab , meint Zoran Arbutina.

Bild: Getty Images/AFP/D. Lovrovic

Die ersten Worte des neugewählten kroatischen Präsidenten Zoran Milanovic waren klar und mit Bedacht gewählt. Noch in der Wahlnacht bedankte er sich bei allen Bürgern seines Landes - bei denjenigen, die für ihn gestimmt haben, aber auch bei seinen Gegnern. Er versprach, er wolle Präsident aller sein, der Staatschef der Kroaten sowie der Angehörigen ethnischer Minderheiten. Milanovic kündigte an, nicht mehr über die Vergangenheit reden zu wollen und, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, streng in Rahmen der Verfassung zu handeln. Und immer wieder sprach er über Einheit in der Vielfalt.

Ist der Krieg vorbei?

Das ist auch bitter nötig in Kroatien, denn das Land ist zutiefst gespalten. Linke und Rechte stehen sich unerbittlich gegenüber und die Vergangenheit spielt dabei eine wichtige Rolle. Oft sieht es so aus, als ob weder der Zweite Weltkrieg noch der Krieg der 1990er Jahre beendet wurde. Vielmehr hat es den Anschein, als ob antifaschistische Partisanen und faschistische "Ustaschas", als ob Kroaten und Serben ihre Kämpfe von damals auch heute noch austragen. Auch im Wahlkampf waren solche Töne oft zu hören, und zwar auf beiden Seiten.

Die Möglichkeiten des Staatsoberhauptes, diesen Graben zu überbrücken, sind begrenzt. Zu den Widersprüchen des politischen Systems in Kroatien gehört es, dass der Präsident zwar direkt gewählt wird, was dem Amt eine starke demokratische Legitimation gibt, er aber laut Verfassung sehr wenige operative Befugnisse hat. Der Staatschef ist nominell Oberbefehlshaber im Krieg, er kann die Generäle oder Botschafter ernennen oder absetzen. Und zusammen mit dem Premier kontrolliert er die Geheimdienste. Außerdem kann er in der Außenpolitik gewisse Eigeninitiative zeigen.

DW-Redakteur Zoran Arbutina

Milanovic, der früher mal selber Regierungschef war, weiß, dass das nicht viel ist. Und er hat schon angekündigt, diese engen Grenzen des Amtes nicht mutwillig erweitern zu wollen.

Die Macht der Worte

Seine Einflussmöglichkeiten sind eher einer anderen, weicheren Art. Als Präsident genießt er große mediale Aufmerksamkeit. Seine Worte werden gehört. Im Wahlkampf versprach Milanovic, Kroatien zu einem "normalen" Land machen zu wollen. Jetzt heißt es für ihn verbal abzurüsten, Abstand zu nehmen von dem pathetischen Nationalismus seiner Vorgängerin und eine "inklusive" Sprache zu benutzen. Sie sollte Menschen nicht ausgrenzen - auch die in Kroatien lebende Serben nicht.

Andererseits will er einen anderen Politik-Stil etablieren. Er kündigte an, sein Amt transparent zu führen, ohne geheime Absprachen oder Hinterzimmer-Deals. Das wäre sehr wichtig in einem Land, in dem Korruption und Nepotismus zum Alltag gehören und in dem zwei Drittel der Jugendlichen davon überzeugt sind, dass für den Erfolg im Beruf entscheidend, ist gute Beziehungen zu haben.

Sollte er tatsächlich diese Art von Normalität in Kroatien etablieren können, würde sich vielleicht in absehbarer Zeit auch die Zahl derjenigen verringern, die zur Zeit in Scharen das Land verlassen. Sie wollen in Deutschland, Österreich oder Irland ein "normales" Leben führen.

Den Nachbarn die Hand reichen

Auch in Rahmen seiner außenpolitischen Mitgestaltungsmöglichkeiten könnte er zu der Normalisierung in der Region beitragen. Schon als Premier hat er gezeigt, dass er ein überzeugter Europäer ist und dass ihm Nationalismus fern liegt. Vielleicht kann er Brücken schlagen, insbesondere zu den Nachbarstaaten Serbien und Bosnien/Herzegowina. Die kroatische EU-Ratspräsidentschaft bietet dafür einen günstigen Rahmen.

Der eigentliche Verlierer dieser Wahl ist nicht die bisherige Amtsinhaberin Kolinda Grabar-Kitarovic, sonder der starke Mann, der hinter ihr stand: Premier Andrej Plenkovic, Chef der konservativen Kroatischen demokratischen Gemeinschaft (HDZ). Er setzte sich für Grabar-Kitarovic ein, nun wird ihm von seinen Parteifreunden ihre Niederlage angelastet. Er muss jetzt mit dem Sozialdemokraten Milanovic zusammenarbeiten und dabei die Angriffe vom rechten Flügel seiner Partei fürchten.

In diesem Jahr, vermutlich im Herbst, soll in Kroatien wieder gewählt werden. Parlamentswahlen stehen an. Spätestens dann wird sich zeigen, ob der Sieg von Zoran Milanovic eine Blaupause für eine tiefgreifende politische Wende in Kroatien war. Bis dann muss der neue Präsident liefern, was er versprochen hat: das Land zu normalisieren. Sollte ihm das nicht gelingen, wird die Frustration noch größer - und noch mehr junge Menschen dürften Kroatien den Rücken kehren.

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