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Politik

Neues Wahl-Desaster in Nigeria

Thomas Mösch
Thomas Mösch
16. Februar 2019

Wenige Stunden vor Öffnung der Wahllokale hat Nigerias Wahlkommission die Präsidentschaftswahl um eine Woche verschoben. Es ist nicht das erste Mal. Nigeria ist immer für Überraschungen gut, meint Thomas Mösch.

Bild: Getty Images/AFP/L. Tato

Dieser 16. Februar weckt Erinnerungen an den April 2011. Damals stoppte Nigerias Wahlkommission INEC die Parlamentswahlen Stunden nach (!) Öffnung der Wahllokale und verschob den Wahlgang um zwei Tage. Die Begründung lautete ähnlich wie dieses Mal: In zahlreichen Regionen des Landes seien die Wahlunterlagen noch nicht eingetroffen, ein korrekter Ablauf deshalb nicht möglich, erklärte der damalige INEC-Vorsitzende Attahiru Jega. Ähnlich wie dieses Mal waren die Nigerianer verwirrt, verzweifelt und wütend. Doch am Ende zollte die Mehrheit Jega Respekt, denn die Wahlen 2011 wurden die bis dahin glaubwürdigsten seit der Rückkehr zur Demokratie 1999.

Vor vier Jahren dann zog Jega erneut die Notbremse, diesmal allerdings eine Woche vor dem angesetzten Termin. Die Sicherheitskräfte hätten ihm deutlich gemacht, dass sie angesichts des Terrors von Boko Haram die Wahlen nicht sichern könnten. INEC verschob den Urnengang um sechs Wochen. Viele befürchteten damals einen Putsch des regierenden Präsidenten Goodluck Jonathan, dessen Niederlage immer wahrscheinlicher wurde. Doch am Ende hatte das Militär den Terror deutlich eingedämmt und Jega konnte auf eine gelungene Wahl zurückblicken, die sogar erstmals zur Abwahl eines Präsidenten führte und den Oppositionskandidaten Muhammadu Buhari ins Amt brachte.

Gerüchte und Verschwörungstheorien

Können die Nigerianer angesichts dieser Erfahrungen also gelassen auf die Entscheidung der vergangenen Nacht blicken? Die meisten tun es offenbar nicht. In den sozialen Medien sind die Reaktionen eindeutig, auf den Straßen auch: "Was für eine Schande!" oder: "Die machen das ganze Land lächerlich!" - so lauten viele Reaktionen. Und es blühen die Gerüchte und Verschwörungstheorien. Mal steckt angeblich ein Coup der Regierung dahinter, um der erstarkten Opposition den Wind aus den Segeln zu nehmen. Mal hat vermeintlich die Opposition die Wahlkommission gekauft, um mehr Zeit für Manipulationen zu haben.

Thomas Mösch leitet die Haussa-Redaktion der DW

Als Beobachter ist man zumindest fassungslos darüber, dass eine Wahlkommission, die bis Freitagabend steif und fest behauptete, alles im Griff zu haben, die Nigerianer offenbar schamlos belogen hat. Dabei zeichnete sich schon in den vergangenen Wochen ab, dass die Vorbereitungen viel zu langsam vorankamen. Insofern erscheint die offizielle Begründung für die Verschiebung der Wahl nicht völlig unglaubwürdig.

Wer profitiert?

Kann trotzdem mehr als ein bloßes Problem mit der Logistik hinter dieser Entscheidung stecken? Unmöglich ist in Nigeria leider nichts. Und das macht es schwer, den Verschwörungstheorien etwas entgegen zu setzen. Sicher, die plötzliche Verschiebung könnte der oppositionellen PDP schaden, weil sie viel Geld investiert hat, um überall im Land ihre Leute an den Wahllokalen in Stellung zu bringen - sei es für eine bloße Beobachtung der Wahl, sei es, um Wähler beeinflussen zu können oder gar den Ablauf zu manipulieren. Die Regierungspartei APC kann dies sicher leichter wegstecken, da sie an den meisten Orten auch auf staatliche Strukturen zurückgreifen kann.

Für Buhari wird es enger

Andererseits machen die Nigerianer ja nicht nur die Wahlkommission und ihren aktuellen Chef Mahmood Yakubu für das Desaster verantwortlich. Viele sehen die Regierung und damit Präsident Muhammadu Buhari in der Mitverantwortung. Am Ende könnten Wut und Frust der Nigerianer über ein verkorkstes Wochenende den ohnehin angeschlagenen Präsidenten entscheidende Stimmen kosten.

Aber die vergangenen beiden Wahlen zeigen eben auch, dass sich erst nach deren Abschluss wirklich bewerten lässt, ob die Verschiebung eine weise Entscheidung zum Wohle der Demokratie war oder ob sie dazu dient, der einen oder anderen Seite einen Vorteil zu verschaffen. Nigeria ist immer wieder für Überraschungen gut - im positiven wie im negativen Sinne.

Thomas Mösch Afrika-Redakteur mit besonderem Blick auf Westafrika, Sicherheit und Ressourcenpolitik
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