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Politik

Ein Stabilitätsanker im unsicheren Sahel

Thomas Mösch
Thomas Mösch
18. Februar 2020

Auf den Putsch gegen einen Autokraten vor genau zehn Jahren folgte ein demokratischer Präsident. Seither ist der Niger stabiler als andere Länder der Region, doch dieser Erfolg ist gefährdet, meint Thomas Mösch.

Die Länder der Sahelzone bieten 2020 mehrheitlich ein desolates Bild. Klimawandel und rasantes Bevölkerungswachstum bedrohen die Lebensgrundlagen der Menschen und die ohnehin schwachen Institutionen der Staaten. Die Erfolge der vergangenen Jahre im Kampf gegen Hunger und Kindersterblichkeit drohen zunichte gemacht zu werden. Armut, Korruption und Perspektivlosigkeit haben den Boden bereitet für einen brutalen Terrorismus und regionale Aufstände. Terroristen und Rebellen haben Mali und eine großen Teil Burkina Fasos fest im Griff. Selbst das starke Militär des Tschad hat zunehmend Probleme, die Gegner des Regimes von Idriss Deby in Schach zu halten.

In diesem Umfeld erscheint die Republik Niger als Hort der Stabilität. Zwar stoßen von mehreren Seiten immer wieder bewaffnete Banden und Terrorgruppen über die Grenzen vor. Insbesondere aus Mali bereiten die Angreifer den nigrischen Truppen herbe Verluste. Doch im Land selbst blieb es bisher erstaunlich ruhig. Zum Ende des Jahres bereitet sich das Land sogar auf den ersten demokratischen Machtwechsel in seiner Geschichte vor: Denn Präsident Issoufou darf nach zwei Amtsperioden nicht erneut antreten und hat deutlich gemacht, dass er diese Vorgabe auch respektieren wird.

Erfolge im Kampf gegen den Terror

Anders als seine Kollegen in den Nachbarländern hat Issoufou es geschafft, das Land zusammenzuhalten. Dabei hat Niger strukturell mit dem Krisenland Mali einige Gemeinsamkeiten: Die im Norden lebenden Tuareg haben wenig gemein mit den im Süden lebenden Bevölkerungsgruppen. Doch seit den 1990er-Jahren hat es keine Aufstände mehr gegeben. Mit Brigi Rafini ist heute ein auch international angesehener Tuareg-Politiker Ministerpräsident.

Thomas Mösch leitet die Haussa-Redaktion der DW

Niger stemmt sich also einigermaßen erfolgreich gegen den Terrorismus. Außerdem hat sich Issoufou als verlässlicher Partner des Westens im Kampf gegen illegale Migration erwiesen. Die Transitwege durch den Niger Richtung Libyen und Mittelmeerküste wurden weitgehend verstopft. Beides hat dem Niger Millionen an Entwicklungsgeldern verschafft. Auch Deutschland pflegt enge Beziehungen mit Issoufou.

Innenpolitisch nutzt Issoufou das internationale Wohlwollen allerdings, um die Herrschaft seiner Partei PNDS auch mit autoritären Mitteln zu festigen. Regierungskritische Demonstrationen werden regelmäßig mit dem Verweis auf die "öffentliche Ordnung" verboten. Die Pressefreiheit gerät zunehmend unter Druck. Auf der Liste von Reporter ohne Grenzen ist der Niger in nur fünf Jahren von einem guten Platz 47 auf Rang 66 gerutscht. Auch die politische Opposition hat nichts zu lachen: Wer sich dem Werben um Zusammenarbeit verweigert, riskiert seine Existenz.

Dies musste insbesondere die Partei Lumana des ehemaligen Issoufou-Verbündeten Hama Amadou erfahren. Erst wurde Amadou wegen angeblicher Verwicklung in den Handel mit Babys aus Nigeria zu Gefängnis verurteilt - eine Strafe, die er seit seiner Rückkehr aus dem französischen Exil im vergangenen Jahr auch absitzt. Dann wurde die Spaltung der Lumana auch mit juristischen Mitteln sanktioniert. Schon die jüngsten Wahlen vor fünf Jahren fanden so in einem Klima statt, dass einen fairen Wahlkampf unmöglich machte. In diesem Jahr deutet sich eine ähnliche Entwicklung an.

Autoritäre Tendenzen offen ansprechen

Zu den politischen Problemen kommen zahlreiche weitere schwelende Konflikte, die die Stabilität des Landes gefährden. Der Klimawandel bedroht die Wirtschaft des Landes, das zu großen Teilen aus Wüste besteht. Der Niger besitzt zwar reiche Uranvorkommen und inzwischen auch Erdölquellen, doch von den Einnahmen kommt bei den Menschen wenig an. Korruption trägt ihren Teil dazu bei. Bei Transparency International belegt der Niger inzwischen nur Platz 120 von 180. Im Index der Menschlichen Entwicklung (Human Development Index) belegt Niger seit Jahren den letzten Platz. Das Bevölkerungswachstum ist eines der höchsten weltweit.

Die Nachbarländer und auch Europa haben ein starkes Interesse daran, dass der Niger stabil bleibt. Deshalb sollten auch in Zukunft die positiven Entwicklungen gefördert werden. Seine wirtschaftlichen und sozialen Probleme kann das Land nicht alleine lösen. Es gilt aber auch, die autoritären Tendenzen der Regierungspartei offen anzusprechen und deutlich zu machen, dass zur Stabilität auch der Respekt vor den Regeln der Demokratie und der Kampf gegen die Korruption gehören.

Thomas Mösch Afrika-Redakteur mit besonderem Blick auf Westafrika, Sicherheit und Ressourcenpolitik
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