1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Nordmazedonien auf pro-westlichem Kurs

6. Mai 2019

Erstmals seit der Umbenennung ihres Landes haben die Bürger Nordmazedoniens einen Präsidenten gewählt. Der Wahlsieger Stevo Pendarovski muss vor allem Glaubwürdigkeit des Amtes wiederherstellen, meint Boris Georgievski.

Wahlsieger Stevo Pendarovski am Sonntag beim Verlassen des WahllokalsBild: Reuters/O. Teofilovski

Die Mazedonier haben mit dem Wahlergebnis ihrem Land neue politische Turbulenzen erspart, denn es bleibt beim pro-westlichen Kurs. Die Wahl von Stevo Pendarovski zum fünften Präsidenten der winzigen Balkanrepublik ist Rückenwind für die in Skopje regierenden Sozialdemokraten. Sie hatten den Politikwissenschaftler unterstützt, der die Bemühungen des Landes, NATO-Mitglied zu werden, koordiniert hat.

Die Stichwahl war ein Showdown zwischen Pro-EU-Kräften und Nationalisten. Denn die Gesellschaft ist weiter tief gespalten wegen der Namensänderung des Landes, die mit Griechenland vereinbart wurde. Nach jahrelangen Streit mit dem südlichen Nachbarn, wurde im Februar aus der "Republik Mazedonien" nun offiziell "Nordmazedonien" - ein Schritt, der dem Land die Türen zur NATO und zur EU öffnet.

Stichwahl zwischen diametral gegensätzliche Positionen

Im Wahlkampf haben Pendarovski und seine Konkurrentin Gordana Siljanovska-Davkova in dieser Sache diametral gegensätzliche Positionen vertreten. Beide versprachen aber auch, sich nach einem Sieg um die wirklich drängenden Problemen zu kümmern, die das Land seit Jahrzehnten belasten: eine stagnierende Wirtschaft, die hohe Arbeitslosigkeit, weitverbreitete Korruption und Vetternwirtschaft sowie eine nicht funktionierende öffentliche Verwaltung. Dabei hat der Präsident in Nordmazedonien eine weitgehend repräsentative Rolle.

Boris Georgievski leitet die Mazedonische Redaktion

Auf Pendarovski kommt aber noch eine weitere Aufgabe zu, die sein Amtsvorgänger Gjorge Ivanov permanent vernachlässigt hat: als Korrektiv zur Regierung in Skopje aufzutreten. Der bisherige Präsident war nämlich nur ein Büttel der bis Jahresanfang 2017 regierenden Nationalisten von der VMRO-DPMNE. Ivanov machte das Amt des Staatsoberhauptes zu einem Hort für Nationalduselei und anti-westliche Wallungen, quälte das Land mit seiner persönlichen Unfähigkeit und Feigheit. So unterzeichnete er 2016 ein Amnestiegesetz für alle Politiker, die strafrechtlich verfolgt wurden, nur um seinen Mentor Nikola Gruevski zu schützen - den damaligen Regierungschef. Der hat sich inzwischen ins selbstgewählte Exil nach Budapest begeben, wo er nun unter dem Schutz von Ungarns Premier Viktor Orbán lebt. Zwar hat Präsident Ivanov - aufgrund starken internationalen Drucks - wenige Monate später die von ihm selbst verhängte Amnestie wieder kassiert. Doch der angerichtete Schaden lässt sich so einfach nicht wieder beheben.

Ein Jahr später dann die nächste präsidiale Fehlleistung: Ivanov weigerte sich nach den Wahlen vom Dezember 2016, der Koalitionsmehrheit, die sich im Parlament gefunden hatte, das Mandat zur Regierungsbildung zu erteilen. Er verlängerte damit die politische Krise im Land um Monate, die am 27. April 2017 einen unrühmlichen Höhepunkt fand: Ein Mob von Nationalisten stürmte damals das Parlament, weil die Mehrheit aus Sozialdemokraten und Abgeordneten der albanischen Minderheit einen Albaner zum Parlamentspräsidenten gewählt hatte. Zum Ende seiner Amtszeit zeigten EU und westliche Staaten Gjorge Ivanov nur noch die kalte Schulter. Der Grund: Er versuchte die Regierung auszubremsen, indem er sich weigerte, wichtige Gesetze im Namen Nordmazedoniens zu unterzeichnen und damit in Kraft zu setzen.

Niemand verlangt Spektakuläres von dem Frischgewählten

Der neue Präsident Stevo Pendarovski hat nun die Aufgabe, dem Präsidentenamt wieder Würde und überparteiliche Akzeptanz zu verschaffen. Das ist kein all zu großer Wunsch nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre und den entsprechend niedrigen Erwartungen an neuen Staatschef. Niemand verlangt Spektakuläres von dem Frischgewählten. Nordmazedonien braucht nur einen anständigen, ganz normalen Präsidenten. Hoffentlich hat es so einen jetzt bekommen.

Boris Georgievski Boris Georgievski leitet die mazedonische Redaktion von Deutsche Welle.
Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen