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Architektur

Notre-Dame wird wieder auferstehen

Fulker Rick Kommentarbild App
Rick Fulker
16. April 2019

Der Brand der weltberühmten Kathedrale traf Paris ins Mark. Doch schon Stunden später ist klar: Die Kirche wird vollständig restauriert. Gut so, denn Paris ohne Notre-Dame wäre einfach unvorstellbar, meint Rick Fulker.

Bild: picture-alliance/AP Photo/C. Ena

Die apokalyptischen Bilder der weltberühmten Kathedrale in Flammen sind noch frisch. Wie der Zusammenbruch der Twin Towers in New York am 11. September 2001 sind sie schon jetzt ins kollektive Gedächtnis eingebrannt.

Gibt es ein Ereignis, das Gläubige, Kunstinteressierte und Touristen mehr schmerzen würde? Die Kathedrale von Notre-Dame ist der Inbegriff gotischer Baukunst, das meistbesuchte Denkmal Europas, ein Bauwerk, das seit beinahe 900 Jahren seinen Platz im Herzen von Paris hatte und einen unvergleichbaren Stellenwert für Christen wie für Kunst- und Kulturinteressierte gleichermaßen besitzt.

Und wieder Paris! Nach den schrecklichen Terrorangriffen um Charlie Hebdo und das Bataclan trifft diese traurige Nachricht in Mark und Bein und zeigt, wie dünn und fragil der Firnis der Zivilisation ist. Wie viele Wunden soll und kann die stolze Stadt noch vertragen?

Mitgefühl und Ratschläge

Sofort richteten führende Weltpolitiker Worte der Erschütterung und des Mitgefühls an Frankreich. Der französische Präsident Emmanuel Macron nannte Notre-Dame das "Epizentrum unseres Lebens" und brachte den kollektiven Schmerz aller Franzosen zum Ausdruck: "Hier verbrennt auch ein Teil von uns".

Selbst US-Präsident Donald Trump, der nicht gerade im Verdacht steht, ein Verehrer der Hochkultur zu sein, beklagte die Zerstörung bei einem der "größten Schätzen der Welt" und "einem Teil unserer Kultur", nur um sich gleich danach zu blamieren, indem er die französischen Behörden mahnte, "schnell zu handeln" und die Pariser Feuerwehr fragte, warum sie nicht einfach Löschflugzeuge einsetze. Ganz einfach: weil die tonnenschweren Wassermassen die beschädigte Dachkonstruktion und das Interieur der Kathedrale vollends zerstört hätten.

DW-Redakteur Rick Fulker

Sanierung = Zerstörung?

Zwei Jahrhunderte lang wurde die Kathedrale gebaut. Seit dem Jahr 1345 steht sie vollendet auf der Pariser Ile de la Cité. Was hat diese Dame nicht schon alles überstanden? Louis XIV. fand die Ausstattung des Innenraums unzeitgemäß; er ließ ihn völlig umgestalten. Während der Französischen Revolution wurde die Kirche entweiht, die steinernen Figuren abgetragen und der Bau als Weinspeicher benutzt. Die Kathedrale überstand auch zwei Weltkriege: Man bekam den Eindruck, sie würde, nein: Sie müsse ewig da stehen.

Tatsächlich aber war der Bau stark sanierungsbedürftig. Wasserspeier waren abgebrochen, Strebebögen durch die Luftverschmutzung verfärbt, Wasser in die Spalten im Holzrahmen des Spitzturmes eingedrungen. Die Brandursache ist noch nicht vollends geklärt, zurzeit gehen Ermittler jedoch davon aus, dass es sich nicht um eine mutwillige Zerstörung oder gar um einen Anschlag gehandelt hat, sondern um einen Unfall, der mit den Sanierungsarbeiten zusammenhängt.

Sollte dies zutreffen, dann ergäbe sich eine besondere, geradezu paradoxe Tragik: Beim Versuch, die alte Struktur der Kathedrale zu retten, wurde sie zerstört. Die Begegnung von altem Material und neuer Technik hatte verheerende Konsequenzen.

Paris ohne Notre-Dame? Non!

Vermutlich wird man irgendwann mehr zum Hergang der Ereignisse wissen. Im Moment bleibt nur Fassungslosigkeit. Aber Paris ohne Notre-Dame? Unvorstellbar! Keine 24 Stunden nach Ausbruch des Feuers versprachen die polnische und die deutsche Regierung Hilfe für den Wiederaufbau. Zwei französische Milliardärsfamilien kündigten an, insgesamt rund 300 Millionen Euro für die Restaurierung bereitstellen zu wollen. Die Stadt Paris stellte ihrerseits 50 Millionen Euro und eine Konferenz zur Koordinierung internationaler Spenden in Aussicht. Die Stiftung der (gleichnamigen) Frauenkirche in Dresden, die mithilfe einer ähnlichen, bislang beispiellosen internationalen Spendenaktion wieder aufgebaut werden konnte, sprach den Parisern Mut zu.

Es dauerte nicht lange, bis vielerorts Hilfen für den Wiederaufbau versprochen wurden

Nach und nach werden einzelne, tröstliche Nachrichten bekannt: Am Tag nach dem verheerenden Feuer stehen Außenwände und Türme noch, einige Kunstschätze und die historische Orgel aus den 1730er Jahren konnten wohl gerettet werden. 

Noch ist nicht klar, ob die Mauern, die noch stehen, tragfähig sind oder vielleicht zuerst auch abgetragen werden müssen. Doch eines ist jetzt schon Gewissheit: Auch wenn der Weg lang ist und es möglicherweise noch Jahrzehnte dauern könnte: Notre-Dame wird wieder auferstehen!

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