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Obama muss nach Ferguson!

Michael Knigge26. November 2014

Die Proteste nach dem Gerichtsentscheid von Ferguson zeigen, dass Rassendiskriminierung in den USA noch nicht überwunden ist. Barack Obama hat sich lange geziert. Nun muss er Position beziehen, meint Michael Knigge.

Missouri Demonstration gegen Polizeigewalt Rassismus 26.09.2014
Bild: Reuters/Whitney Curtis

Sicher - es hat vielfache Fortschritte in den vergangenen Jahrzehnten gegeben. Dennoch existiert in zahlreichen Bereichen des öffentlichen Lebens der USA weiterhin eine Ungleichbehandlung von Schwarzen und Weißen. Präsident Obama weiß, dass er diese nicht einfach beenden oder ungeschehen machen kann - ganz gleich was er nun nach dem Entscheid von Ferguson tut. Als ehemaliger Rechtsgelehrter an einer Elite-Universität weiß er zudem, dass das Verfahren in Ferguson, so umstritten der Verlauf und der Ausgang auch sein mag, juristisch nach derzeitigem Stand nicht zu beanstanden ist.

Und vielleicht tut sich der oft als Vorbote einer "post-rassischen Gesellschaft" beschriebene Obama tatsächlich schwer, nach den Ereignissen in Ferguson klar Stellung zu beziehen. Denn wie immer er auch reagiert, dessen ist sich der als Kopfmensch geltende Präsident gewiss ebenfalls bewusst: Jede Äußerung, jede Gefühlsregung Obamas wird tausendfach analysiert und kommentiert werden. Die Fallhöhe ist hoch: Umfragen zufolge ist das Land über die Entscheidung in Ferguson tief gespalten.

Historische Verpflichtung

Doch genau deshalb ist Barack Obama gefordert. Als erster schwarzer Präsident (mit einer weißen Mutter) ist er nicht nur wie kein zweiter prädestiniert, die Ereignisse in Ferguson in den breiteren Kontext der weiterhin bestehenden Rassenproblematik in den USA einzuordnen. Vielmehr ist es geradezu Obamas historische Pflicht, dies zu tun. Seine dürren Äußerungen nach dem Gerichtsentscheid sind der Bedeutung des Themas und Obamas Rolle als Präsident daher nicht angemessen.

Es ist ein Armutszeugnis, dass Obama sich der Rassenproblematik in den USA trotz zahlreicher Vorfälle in seiner Amtszeit bislang weder durch wegweisende Maßnahmen, noch durch eine programmatische Rede angenommen hat. Präsident Obama hat bedeutende, teilweise bewegende Reden gehalten: etwa über die Beziehungen zur arabischen Welt in Kairo 2009 oder nach dem Amoklauf an einer Grundschule in Newton 2013.

DW-Redakteur Michael KniggeBild: DW/P. Henriksen

Rassenthematik im Wahlkampf

Seine letzte große Rede zur Rassenproblematik liegt dagegen schon lange zurück. Im Jahr 2008 stand der damalige Präsidentschaftskandidat Obama nach umstrittenen Äußerungen seines früheren Pastors Jeremiah Wright unter großem öffentlichem Rechtfertigungsdruck. Sein Wahlkampf drohte zu entgleiten. Mit einer überzeugenden Rede zur Rassenthematik gelang Obama damals die Trendwende und rettete seine Kandidatur.

Nach den Ereignissen von Ferguson und landesweiten Protesten ist Obama jetzt wie 2008 ein Getriebener der Rassenproblematik. Im Gegensatz zu damals geht es nun jedoch nicht um sein persönliches Fortkommen, sondern um das Wohl des Landes. Als Präsident muss er jetzt Führungsstärke zeigen und das Thema endlich angehen. Es ist Zeit, dass Obama nach Ferguson reist. Eine Rede zu den Menschen vor Ort wird die Rassenproblematik nicht überwinden. Aber es ist das Mindeste, was die Amerikaner jetzt von ihrem Präsidenten erwarten. Nicht nur sie, auch die Welt schaut zu.

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