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Politik

Orbáns kleine Niederlagen

Barbara Wesel Kommentarbild App *PROVISORISCH*
Barbara Wesel
8. November 2016

Nach dem Referendum scheiterte Viktor Orbán nun auch mit einer Verfassungsänderung gegen die Ansiedlung von Flüchtlingen. Leider ändert das nichts am politischen Klammergriff des Donau-Diktators, meint Barbara Wesel.

Bild: Reuters/B. Szabo

Natürlich ist jeder schlechte Tag für Viktor Orbán ein guter Tag für Europa. Jede seiner Schlappen ist Grund zu fröhlicher Schadenfreude, so großmäulig und siegessicher kommt der selbsterklärte Antidemokrat in Brüssel immer daher. Über Jahre hat er die politische Umklammerung des Landes durch seine Fidesz Partei nach allen Regeln der Machtergreifung inszeniert, und dann spucken sie dem kleinen Diktator von der Donau plötzlich in die Suppe und zerstören seine totalen Abschottungspläne - das erleuchtet den Novembertag.

Auf die Ultrarechten ist kein Verlass

Die Ironie in diesem Falle ist, dass es ausgerechnet die ultra-rechte Jobbik-Partei war, die Orbán die Zusammenarbeit verweigert hat. Diese protofaschistischen Extrem-Nationalisten lassen den Ministerpräsidenten im Vergleich als Mann der Mitte erscheinen - die politische Skala in Ungarn ist ziemlich ver-rückt. 

Grund für das Zerwürfnis ist, dass die Jobbiks wirklich prinzipientreu sind. Sie wollten dass Orbán eine Regelung abschafft, wonach sich wohlhabende Ausländer nach Zahlung einer Eintrittsgebühr den Zuzug nach Ungarn erkaufen können. Das machen andere EU-Länder übrigens auch - manche Migranten sind eben willkommener als andere. Russische Oligarchen zum Beispiel.   

Die ungarischen Rechtsextremen aber wollen einfach gar keine Ausländer von außerhalb der EU im Land, nicht einmal reiche. Auf welcher Runde der Völkerwanderungen in Europas Geschichte sie wohl ihre "Nation" begründen? Und liegt das vor oder nach dem Mongolensturm des 13. Jahrhunderts?

Orbán will Brüssel nur als Hauptkasse

Viktor Orbán aber hat hier nicht nachgegeben, weil er Geld braucht, und sei es um die Korruption im Freundes- und Familienkreis zu finanzieren. Deshalb auch agitiert der Ungar nicht gegen die Europäische Union an sich, sondern "nur" gegen die Demokratie in Europa.

Barbara Wesel ist DW-Korrespondentin in Brüssel

Denn auf die Umverteilung aus europäischen Kassen legt er größten Wert: Die sechs Milliarden Euro pro Jahr aus Brüssel sind eine seiner bedeutendsten Einnahmen. Zu schade, dass man gegen diesen populistischen Zerstörer unserer Werte nicht in den selektiven Steuerstreik treten kann.

Bloß gilt das für Viktor Orbán ebenso wie für Jaroslaw Kaczynski in Polen: Europa hat sich mit seinem Regelwerk die Hände gefesselt, und finanziert so notgedrungen auch diejenigen, die seine Grundlagen untergraben. Das muss geändert werden, auch wenn im Moment noch unklar ist wie. 

Kein Sieg für die Opposition

Bei dem ausländerfeindlichen Referendum im Oktober hat das Volk dem Ministerpräsidenten eine Schlappe verpasst - die Mehrzahl der Ungarn kam einfach nicht zur Abstimmung. Jetzt bei der geplanten Verfassungsänderung scheiterte der Schulterschluss mit den Rechtsextremen. Man kann daraus folgern, dass Viktor Orbáns politische Bäume nicht in den Himmel wachsen.

Nur ändert das substanziell nichts an dem politischen Würgegriff, in dem er sein Land hält. Die Opposition ist nach wie vor gespalten, schwach und stimmlos. Erst wenn die Zivilgesellschaft wieder Mut zum Widerstand gegen Orbáns Rechtspopulismus fasst, kann es in Ungarn eine Wende geben. Bis dahin müssen die anderen europäischen Regierungschefs ihre Feigheit ablegen und diplomatische Höflichkeit vergessen und sich mit dem kleinen Diktator von der Donau endlich offen auseinandersetzen.

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