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Politik

Myanmar: Frieden verzweifelt gesucht

26. November 2017

Ausgerechnet jetzt. Ausgerechnet Myanmar. Warum fährt Papst Franziskus in ein Land, aus dem Hunderttausende Rohingyas flüchten? Schon jetzt steht fest: Es ist ein außerordentlich riskanter Besuch, meint Astrid Prange.

Bild: AFP/Getty Images/Ye Aung Thu

Bei dem Besuch von Papst Franziskus in Myanmar und Bangladesch geht es um mehr als ein Zeichen der Solidarität mit den muslimischen Rohingya. Es geht um den verzweifelten Kampf gegen religiösen Wahn und Glaubenskriege. Denn der politische Missbrauch von Religion heizt nicht nur in Myanmar, sondern weltweit Konflikte an.

Noch vor zehn Jahren protestierten buddhistische Mönche zu Zehntausenden gegen die Militärregierung in Ragun. Heute unterstützen viele von ihnen das Militär. Der nationalistische Mönch U Thuseitta erklärte gegenüber der Presse: "Ich glaube dem Militär, wenn es sagt, dass die Rohingya ihre Häuser selbst anzünden."

Hassprediger mit sanfter Stimme

In dieser angespannten Lage will Papst Franziskus den radikalen Religionsführern ins Gewissen reden. Er will ein Zeichen setzen gegen religiösen Wahn, der oft staatstragend daher kommt wie in Myanmar, wo Buddhismus lange Staatsreligion war. Und er will einem weiteren Religionskrieg in Myanmar und in den Nachbarländern verhindern, wo es bereits Konflikte zwischen Buddhisten, Islamisten und Hinduisten gibt.

DW-Autorin Astrid Prange schreibt über Religion und PolitikBild: DW/P. Böll

In Myanmar verteidigen buddhistische Fundamentalisten bereits seit dem 18. Jahrhundert "die Reinheit"  ihrer Lehre gegen Einflüsse aus dem Ausland. Heute geben sie vor, ihre Heimat gegen "islamische Unterwanderung" zu verteidigen. Sie erhalten dabei Unterstützung von buddhistischen Gemeinschaften aus Thailand und Sri Lanka.

Islamistische Fundamentalisten in der Region wiederum instrumentalisieren die Verfolgung der Rohingya. Nach einer Untersuchung der International Crisis Group, mischten sich unter die Flüchtlinge aus Myanmar auch militante Muslime, gesteuert von Saudi-Arabien. Diese trügen ihre islamistische Staatsideologie nach Myanmar, wo bisher eine vergleichsweise moderate Form des Islams herrschte, so der Report.

Verfolgte Christen

Woher nimmt der Papst die Zuversicht, dass ausgerechnet in dieser explosiven Gemengelage jemand seinem Besuch Beachtung schenkt? Warum sollte sich die überwiegend buddhistische Bevölkerung für die Worte des Oberhauptes der katholischen Kirche interessieren?

Die Antwort lautet: Der Papst holt die Bevölkerung Myanmars in ihrem Alltag ab, nämlich bei den noch wachen Erinnerungen an die langjährige Militärdiktatur. Wenn er über die Verfolgung von religiösen und ethnischen Minderheiten spricht, fühlen sich viele Menschen angesprochen, auch die Katholiken.

Katholiken, die rund ein Prozent der Bevölkerung in Myanmar ausmachen, wurden unter der Militärregierung jahrzehntelang verfolgt. So wurden bereits 1965 vom Revolutionsrat im damaligen Burma kirchliche Schulen und Krankenhäuser enteignet. Mittlerweile tragen sie zur nationalen Versöhnung unter den verschiedenen Volksgruppen im Land bei. Seit der politischen Öffnung 2010 ist die Arbeit kirchlicher Hilfsorganisationen wieder erlaubt, genauso wie die Ausbildung von Priestern.

Vor dem Hintergrund jahrelanger Verfolgung ist es nur allzu verständlich, dass örtliche Kardinäle und Bischöfe Franziskus davor warnen, das Wort "Rohingya" in den Mund zu nehmen. Zu tief sitzt die Angst vor erneuten Repressalien, zu tief sitzt die Angst vor neuen Ausbrüchen des Hasses nach der Abreise des Papstes.

In Indonesien protestieren Studenten vor der Botschaft Myanmars gegen die Vertreibung der RohingyaBild: Reuters/Beawiharta

Religionsführer in der Pflicht

Ob Franziskus sich an diese Ratschläge hält, ist fraglich. Als politischer Papst versucht er sich auch bei dieser heiklen Mission erneut als Friedensstifter. Dem "Bischof vom anderen Ende der Welt", wie er sich nach seiner Wahl im März 2013 selbst nannte, stehen alle Türen offen. Er trifft Myanmars Armeechef Min Aung Hlaing, genauso wie Regierungschefin Aung San Suu Kyi.

Und er spricht mit buddhistischen Mönchen bei einem interreligiös-ökumenischen Friedenstreffen. In der aktuellen Lage kommt diesem Treffen eine herausragende Rolle zu. Es verschafft Religionsführern, die sich für Frieden einsetzen, für kurze Zeit mehr Aufmerksamkeit als fanatischen Hasspredigern. Es zeigt, dass Versöhnung und Verständigung stärker sein können als Vernichtung und Vergeltung. Denn nicht Regierungen können religiöse Radikalisierung verhindern, sondern nur die religiösen Anführer selbst. Es wird höchste Zeit.

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