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Politik

Demokratie als Fassade

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Andrea Schmidt
5. August 2017

Über 98 Prozent der Stimmen für Kagame sind keine Überraschung. Bei der Wahl in Ruanda stand das Ergebnis von vorneherein fest. Dabei sehnt sich die junge Bevölkerung nach Freiheit und Mitsprache, meint Andrea Schmidt.

Inmitten jubelnder Anhänger - Paul Kagame beim Abschluss seines Wahlkampfs in der Hauptstadt KigaliBild: Reuters/J. Bizimana

Die ruandische Verfassung schreibt zwar ein Mehrparteiensystem formal fest, und doch war auch diese Abstimmung nur scheinbar eine freie Wahl. Außer Paul Kagame, der regierenden RPF (Rwandan Patriotic Front) waren nämlich nur zwei weitere Kandidaten zugelassen: Frank Habineza (Grüne Partei) und der unabhängige Kandidat Phillip Mpayimana. Aber schon allein wegen ungleicher Wettbewerbsbedingungen waren sie keine wirklich ernstzunehmenden Gegner für den Amtsinhaber. Alle anderen Bewerber scheiterten bereits im Vorfeld der Wahl vor allem an bürokratischen Hürden.

Ein Autokrat mit Erfolgen

Paul Kagame, der starke Mann an der Macht hat das Land fest im Griff und duldet keine Widersacher. Zwar kann er beachtliche Erfolge vorweisen: ein wirtschaftliches Wachstum von sieben Prozent, ein gutes Gesundheitssystem, wenig Korruption und die Reduzierung der Armut. Doch von diesem Wachstum profitieren - wie in vielen anderen afrikanischen Staaten - nur wenige. Die glänzenden Fassaden in den sauberen Straßen von Kigali lassen ausländische Politiker schnell vergessen, dass auf dem Land die sogenannten Existenzbauern immer noch mit einfachsten Mitteln ihre kleinen Parzellen bearbeiten. Zudem wird ihnen vorgeschrieben, was sie anbauen dürfen.

Andrea Schmidt leitet die Kisuaheli-Redaktion

Auch über Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit wird regelmäßig hinweggesehen und nicht genug Druck ausgeübt. Seit dem Ende Völkermordes 1994 ist die RPF an der Macht und seit 2000 ist Kagame Präsident des Landes. Kamen anfänglich viele Ruander aus der Diaspora zurück ins Land, um beim Wiederaufbau zu helfen, so wollen heute doch viele das Land lieber verlassen. Wer lebt schon gerne in einem Land, in dem über ein ausgeklügeltes Spitzelsystem jede Kritik im Keim erstickt wird?

In vielen autokratisch regierten Ländern Afrikas, zum Beispiel Burundi und Uganda lassen die Herrschenden die Verfassung zu ihren Gunsten ändern, um länger an der Macht bleiben zu können. Ganz nach der Parole: "Nur ich allein kann dieses Land regieren, Sicherheit und wirtschaftliches Wachstum garantieren." So ließ auch Paul Kagame 2015 in einem von der Regierung gelenkten Referendum die Verfassung ändern, um die Beschränkung auf zwei Amtszeiten aufzuheben.

Stabilität kann nicht alles rechtfertigen

Von internationaler Seite wird immer wieder hervorgehoben, dass Ruanda eines der stabilsten Länder Afrikas sei. Nach dem Motto: lieber eine stabile Autokratie als Chaos. Das ist zwar bis zu einem gewissen Punkt richtig, aber zugleich auch ein Totschlagargument - als gäbe es sonst keine Alternativen! Es ist nicht zu rechtfertigen, dass das Ausland auf nahezu jede Kritik verzichtet. Missstände gibt es zu Hauf und müssten klar benannt werden: So sind in Ruanda Einschüchterungen von Kritikern Kagames an der Tagesordnung, Politiker mussten ins Exil fliehen, andere sitzen unter fadenscheinigen Gründen im Gefängnis, manche verschwanden spurlos.

Kagame wird jetzt seine dritte Amtszeit von sieben Jahren antreten. Es wäre zu wünschen, dass in dieser langen Zeit die Weichen für eine freiere Zukunft Ruandas gestellt werden. Dass sich endlich eine freie Zivilgesellschaft entwickeln kann, echte Demokratie und Meinungsfreiheit zugelassen werden, so dass bei den Wahlen 2024 mehrere ernstzunehmende Kandidaten antreten können. Welchen Sinn sollten Wahlen sonst haben? Sie dürfen nicht weiter zur Kosmetik einer Scheindemokratie missbraucht werden! Das Land mit einer überwiegend jungen Bevölkerung, die politische Teilhabe will und sich frei äußern möchte, implodiert sonst womöglich. Um das zu verhindern, braucht es aber auch Druck auf den Wahlsieger Kagame von außen.

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