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Kommentar: Pausenknopf drücken

Christoph Hasselbach (z. Zt. Vilnius)29. November 2013

Das lange geplante Assoziierungsabkommen der EU mit der Ukraine ist vorerst gescheitert. Das lag nicht nur am russischen Druck, meint Christoph Hasselbach

Die Ukraine will alles haben. Sie will gute Beziehungen zu Russland UND zur Europäischen Union. Sie will sich nicht entscheiden zwischen der einen und der anderen Seite. Das ist erst einmal verständlich. Die ukrainische Wirtschaft braucht Russland als Absatzmarkt und als Energielieferant. Sie ist von Russland - jedenfalls zur Zeit - stärker abhängig als von der EU. Auch kulturell und sprachlich ist die ukrainische Gesellschaft in einen westlich und einen östlich geprägten Teil gespalten.

Christoph Hasselbach (DW - Europaredaktion)Bild: DW

Moskau denkt in Einflussgebieten

Für all das hat man in der EU Verständnis. Und ohne den russischen Faktor müsste das auch gar kein Problem sein. Die EU verlangt von der Ukraine gar nicht, dass sie alle Brücken nach Moskau abbricht und sich mit Haut und Haaren Brüssel verschreibt. Das Problem ist vor allem Russland. Denn Russland verlangt diese Entscheidung sehr wohl. Präsident Putin denkt in alten geostrategischen Kategorien. Alle Staaten der früheren Sowjetunion, die sich der EU anschließen, sind für ihn verlorene Einflussgebiete. Er droht und lockt und tut fast alles, um sie zu halten.

Die Partnerschaft ist kein Basar

Dagegen kann die EU zunächst einmal nichts machen. Sie kann und will sich nicht auf ähnliche Druckmittel einlassen, sonst würde sie ihre Werte verraten. Doch sie kann sich auch nicht auf ein Gefeilsche um die größere Unterstützung einlassen. Und hier hört das Verständnis für die schwierige Lage des ukrainischen Präsidenten Janukowitsch auf. Janukowitsch hat versucht, aus der Not eine Tugend zu machen und die EU und Russland gegeneinander auszuspielen, um beide zu besseren Angeboten zu bewegen.

Die EU und die demokratischen Kräfte in den Staaten der Ost-Partnerschaft stehen nun vor einem Scherbenhaufen. Nicht nur die Ukraine hat sich vorläufig vom Projekt Westintegration verabschiedet. Aserbaidschan ging von Anfang an eigene Wege. Auch Armenien hat sich praktisch ausgeklinkt und sucht sein Heil nun wieder verstärkt in Moskau. Weißrussland unter dem autoritären Präsidenten Lukaschenko gehörte ohnehin nie wirklich dazu. Allein Moldau und Georgien bewegen sich in die gewünschte Richtung, aber sie sind zu klein, um wirklich einen Stein ins Rollen zu bringen.

In Litauen kennt man noch die alten Zeiten

Enttäuschend ist das Scheitern vor allem für die Länder am östlichen Rand der EU, zum Beispiel das Gastgeberland Litauen. Die Ost-Partnerschaft ist vor allem ihr Projekt. Denn sie gehörten noch vor einer Generation selbst zum Sowjetreich. Der Konferenzort Vilnius liegt weniger als 50 Kilometer von der weißrussischen Grenze entfernt, wo die letzte lupenreine Diktatur Europas herrscht. Ob diese noch ziemlich jungen EU-Staaten von stabilen, marktwirtschaftlichen Demokratien umgeben sind oder von misstrauischen Gegnern, ist für die Menschen in Litauen oder Polen ein großer Unterschied. Doch die meisten Staaten im Westen der EU haben sich für die Ost-Partnerschaft nie interessiert: Frankreich, Italien oder Spanien blicken nach Süden oder Westen, aber nicht nach Osten. Es fehlte dem Projekt also auch an Unterstützung aus der EU selbst.

Zwecklos mit Putin und Janukowitsch

Was ist jetzt zu tun? Das Angebot der EU an die Ukraine und die anderen Staaten im Osten muss natürlich bleiben. Das ist auch unstrittig. Aber die EU sollte auf keinen Fall ihre Bedingungen ändern, sprich: verbessern, dann ginge der Basar wieder von vorn los. Sie sollte unbedingt mehr erklären, auch gegenüber Moskau, dass sich die Partnerschaft gegen niemanden richtet und alle Seiten etwas davon haben, Russland eingeschlossen. Trotzdem wird das wohl mit den Präsidenten Putin und Janukowitsch nicht gehen. Doch die Gesellschaften in Russland und der Ukraine verändern sich, und zwar längst nicht nur durch EU-Einfluss, sondern vor allem aus sich selbst heraus. Vielleicht ist die Lage in einigen Jahren eine ganz andere.

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