1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kommentar: Persilschein mit Flecken

Stefan Nestler13. November 2014

Der Abschlussbericht der FIFA-Ethikkommission über die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaften 2018 und 2022 hinterlässt mehr Fragen als Antworten, meint DW-Sportredakteur Stefan Nestler.

FIFA-Chef Blatter (Mitte) mit dem Emir Katars, Scheich Hamad bin Khalifa al-Thani (l.) und dem damaligen russischen Vize-Ministerpräsidenten Igor Schuwalow. Foto: Getty Images/AFP
Bild: AFP/Getty Images/F. Coffrini

Das hatte sich FIFA-Präsident Joseph Blatter sicher anders vorgestellt. Gerade erst war die Nachricht um die Welt gegangen, dass die FIFA-Ethikkommission Russland und Katar, die Ausrichter der Fußball-Weltmeisterschaften 2018 und 2022, vom Vorwurf der Korruption freigesprochen habe - und ganz nebenbei auch Blatter selbst, der sogar noch in höchsten Tönen für seine Reformbereitschaft gelobt wurde. Da meldete sich mit dem US-Juristen Michael J. Garcia ausgerechnet der Mann kritisch zu Wort, der in dieser Angelegenheit zwei Jahre lang ermittelt hatte. Der Abschlussbericht der Ethikkommission aus der Feder des deutschen Richters Joachim Eckert enthalte "zahlreiche unvollständige und fehlerhafte Darstellungen der Tatsachen und Schlussfolgerungen", behauptet Garcia.

Schallende Ohrfeige

Der FIFA-Chefermittler will jetzt Einspruch gegen den Bericht jener FIFA-Kommission einlegen, für die er selbst gearbeitet hat. Allein das ist schon eine schallende Ohrfeige für den Fußball-Weltverband. Veröffentlichte die Ethikkommission den Abschlussbericht, ohne dass Garcia auch nur einen Blick darauf geworfen hatte? Das spräche in der Tat für eine "Kommunikationskatastrophe", wie es Sylvia Schenk von Transparency International formulierte. Doch es stellt sich noch eine viel weitreichendere Frage: Was ist von den Schlussfolgerungen in dem Bericht zu halten, wenn sie nicht einmal der FIFA-Chefermittler mitträgt? Der Fußball-Weltverband darf sich nicht wundern, wenn die Kritik an den WM-Gastgebern Russland und Katar jetzt nicht nur nicht verstummt, sondern möglicherweise sogar noch lauter wird. Zumal es in beiden Fällen um weit mehr als den Vorwurf der Korruption geht.

Stefan Nestler, DW SportBild: DW

Unbequeme Wahrheiten?

Die FIFA wirkt wie eine Reinigung, die schmutzige Wäsche herausgibt und sie für weiß verkaufen will. Warum wird der Öffentlichkeit der vollständige Garcia-Bericht vorenthalten und stattdessen eine Zusammenfassung präsentiert, die selbst dem Ermittler aufstößt? Der Verdacht liegt nahe, dass Garcia unbequeme Wahrheiten herausgefunden hat, die einen Persilschein für die WM-Ausrichter von 2018 und 2022 unmöglich machen könnten - und dass dieses Material womöglich auch nicht zu dem Bild passt, das die FIFA und ihr Chef Joseph Blatter von sich selbst zeichnen wollen.Transparenz geht anders: Alle Fakten auf den Tisch!

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen