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Politik

Polen gegen den Rest Europas

Barbara Wesel Kommentarbild App *PROVISORISCH*
Barbara Wesel
9. März 2017

Jaroslaw Kaczynski konnte die Wiederwahl von EU Ratspräsident Donald Tusk nicht verhindern. Im Gegenteil: Polens starker Mann treibt sein Land immer weiter in die Isolation, meint Barbara Wesel.

Bild: picture-alliance/B. Schleep

Es war ein erstklassiger politischer Amoklauf. Noch zu Beginn des EU-Gipfels kündigte die Premierministerin aus Polen an, sie werde alles tun, um die Wiederwahl von Ratspräsident Donald Tusk zu verhindern. Alles? Schreiend im Kreis laufen? Den ganzen Abend die polnische Nationalhymne singen? Als gehorsame Marionette befolgt sie schließlich noch die unsinnigste Anordnung ihres Parteichefs Jaroslaw Kaczynski.  Und der hasst Donald Tusk wie die Pest, macht ihn für seine Wahlniederlage 2007 und irgendwie auch für den Tod seines Bruders verantwortlich. Aber dieser absurde Versuch, die 27 anderen Mitgliedsländer deswegen zur Geisel zu nehmen, konnte nur scheitern.

Was soll das?

Was will eigentlich der oberste Verschwörungstheoretiker und allmächtige Strippenzieher mit dieser Aktion erreichen? Schon zu seiner Zeit als früherer Ministerpräsident quälte Kaczynski die EU mit Maximalforderungen und Drohungen. Sein Markenzeichen waren grenzenloser Starrsinn und hartleibiger Nationalismus.   

Barbara Wesel, DW-Korrespondentin in Brüssel

Die vergangenen fünfzehn Jahre haben wohl beim PiS-Parteichef keine Altersmilde hervorgebracht. Im Gegenteil: Wieder versucht er, der EU seinen Willen aufzuzwingen - und versucht es dabei in gnadenloser Selbstüberschätzung einfach mit Erpressung. Das ging im Fall Tusk übrigens grandios schief: Die Abstimmung endete 27 zu eins. Sogar seine Freunde in der Visegrad-Gruppe und die britische Premierministerin ließen ihn allein.

Unklar ist dabei nur: Was wollte Kaczynski eigentlich erreichen? Hier ging es nicht um mehr Geld oder Stimmrechte für Polen, wie früher. Hier ging es nur noch um die Selbstbehauptung eines Mannes. Vielleicht auch um polnische Innenpolitik - die schrillen Töne vom "Diktat aus Berlin" nach der Wiederwahl von Tusk sprechen dafür. Auch bei der polnischen Regierung weiß man inzwischen, wie "alternative Tatsachen" funktionieren. Und sie geht davon aus, dass die eigenen Wähler das Polittheater begeistert schlucken. Auch die heroische Opferrolle kommt bei einem Teil des Publikums immer gut an.

Polen isoliert sich

Aber sonst? Wo ist eigentlich noch der Platz Polens in Europa? Kaczynski isoliert sein Land zunehmend. "Seid vorsichtig, welche Brücken ihr hinter euch abbrecht", mahnte Donald Tusk seine Landsleute. Aber die Mitglieder der Regierung in Warschau benehmen sich wie durchgedrehte Teenager und knallen alle erreichbaren Türen zu.

Es ist ein pubertäres, unreifes und irgendwie auch lächerliches Benehmen. Dass ein Land die Schlussfolgerungen eines Gipfeltreffens aus reiner Bockigkeit nicht unterschreibt, weil es seinen Willen nicht durchsetzen konnte - das ist wohl auch in der an Idiotien reichen EU-Geschichte noch nicht passiert.

Die Geduld der EU ist nicht unendlich

Europa ist in einer schwierigen Situation, und die Geduld der Erwachsenen in der Union mit Polen ist endlich. Schon gibt es erste Stimmen, die vorschlagen, Warschau den Geldhahn zuzudrehen. Jedes Jahr fließen elf Milliarden Euro aus europäischen Fördermitteln nach Polen. Das Land ist der größte Nettoempfänger der EU. In zwei Jahren wird über den nächsten Haushalt verhandelt. Dann wird weniger Geld in der Kasse sein, weil die Briten aussteigen. Wenn Polen so weitermacht, wird es bald keine Freunde mehr haben, die es bei der Neuverteilung unterstützen. Auch und vor allem in Deutschland nicht.

Die ständige Hetze aus Warschau strapaziert die nachbarschaftlichen Beziehungen bis zum Anschlag und darüber hinaus. Wenn Polen jetzt auch noch den Zusammenhalt der EU gefährdet, einfach aus übler Laune heraus, wird es sich im neuen Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten auf einem Parkplatz weit außerhalb wiederfinden.

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