1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Politik der kleinen Schritte

Kommentarbild Ludger Schadomsky
Ludger Schadomsky
30. Januar 2018

Lange galt die Afrikanische Union nur als unverbindliche Schwatzbude, in der keine Ergebnisse erzielt wurden. Der jüngste AU-Gipfel zeigt, dass sich unter neuer Führung jetzt vieles ändert, meint Ludger Schadomsky.

Die Staats- und Regierungschef der Afrikanischen Union bei ihrem 30. Gipfeltreffen in Addis AbebaBild: Palestinian Presidency

Dreckslöcher statt dringender Reformen - einmal mehr drohten die strategischen Reform-Beratungen der Staats-und Regierungschefs bei ihrem Jahrestreffen von aktuellen Entwicklungen überschattet zu werden: Donald Trumps kolportierte Beleidigung afrikanischer Länder als "Shitholes" hatte im Vorfeld die Gemüter erhitzt. Am Ende sorgte Trumps versöhnliche Grußadresse an die Gipfelteilnehmer ("tiefer Respekt") dafür, dass auf dem Weg zur selbsterklärten "Vision 2063" des Staatenbundes doch noch einige wichtige Weichen gestellt werden konnten.

Ein gemeinsamer Luftraum für Afrika

Die in Addis verabschiedete Initiative für einen gemeinsamen afrikanischen Luftraum (SAATM) mag sich angesichts verheerender Dauerkonflikte in Somalia, der DR Kongo und dem Südsudan nebensächlich ausnehmen. Doch die Liberalisierung des überregulierten Luftraumes, die nun 23 von 55 Mitgliedsländern der AU - darunter Branchenführer Äthiopien mit seiner hochprofitablen Ethiopian Airlines - unterzeichneten, ist viel mehr als nur ein symbolischer Akt. Sie ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur angestrebten Kontinentalunion mit freiem Waren- und Personenverkehr. Die Luftfahrtindustrie in Afrika leidet unter absurd hohen Steuern und Abgaben, politischen Wirren, komplizierten Visa-Regeln sowie mangelnder Infrastruktur und ausbleibenden Investitionen. Für Reisende ist es nach wie billiger, von Senegal über Paris nach Nairobi zu fliegen als direkt. Jetzt sollen die Ticketpreise fallen und sich die Passagierzahlen verdoppeln.

Doch viel wichtiger ist das politische Signal: Der gemeinsame afrikanische Lufttraum war schon eines der ganz frühen Themen der 1963 gegründeten Union und ist bereits 1999 fest vereinbart worden. Doch seitdem ist man nur langsam vorangekommen - zu stark noch sind Protektionismus und Regulierungszwang. Die Deklaration von Addis über einen deregulierten afrikanischen Luftraum ist nun nichts weniger als der Lackmus-Test für die Union: Heben Afrikas Flieger ab, dann könnte auch das gemeinsame politische und wirtschaftliche Haus Wirklichkeit werden.

Tempomacher Kagame

Man muss den ruandischen Präsidenten Paul Kagame nicht mögen, der zu Hause drakonisch durchregiert, Opposition und die Medien kleinhält. Fest steht aber: Seit er 2016 mit der Reform der chronisch unterfinanzierten, überbürokratisierten und entscheidungsschwachen AU betraut wurde, ist Schwung in den Laden gekommen.

Die von Kagames Expertenkreis ausgearbeitete Finanzierungsreform mit einer Importsteuer von 0,2 Prozent auf ausgewählte Produkte schmeckt zwar nicht jedem Staatschef zwischen Kairo und Kapstadt. Ein Dutzend Länder hat sie jedoch bereits umgesetzt und führt die eingenommen Zölle an die AU ab. Wenn am Ende zumindest ein Teil der anvisierten 1,2 Milliarden US Dollar pro Jahr generiert wird, könnte die AU endlich die angestrebten "afrikanischen Lösungen für afrikanische Probleme" eigenverantwortlich(er) in die Tat umzusetzen. 

Die Zeit drängt, das wurde auch beim Gipfel deutlich: Schon 2020 sollen die 21.000 Soldaten der AU-Mission aus Somalia abgezogen sein. Will man ein potenziell desaströses Sicherheitsvakuum verhindern, benötigt es politischen Willen - und neue Ressourcen.

Nächstes Mal bitte pünktlich kommen!

Auf nächsten AU-Gipfel im März in Ruanda wird Gastgeber Kagame die Reform des Staatenbundes in diesem Sinne weiter vorantreiben - neben den Finanzen müssen Strukturen und Effizienz dringend verbessert werden. Der Club der alten Männer muss jünger und weiblicher werden - auch da hat der Tempomacher aus Zentralafrika im eigenen Land vorgelegt. Entsprechend genervt gab er seinen Amtskolleginnen und -kollegen Regierungschefs mit auf den Weg, beim nächsten Treffen pünktlich zu sein und sich insgesamt auf die "wichtigsten Punkte zu konzentrieren". Die AU bewegt sich - im Schneckentempo zwar, aber sie bewegt sich. 

Dass Eigenverantwortlichkeit und Professionalisierung auf dem Vormarsch sind, zeigte in Addis auch eine Anekdote aus der Rubrik "Skurriles": Pünktlich zum Gipfel berichtete eine große europäische Tageszeitung, die Chinesen hätten jahrelang den Datenverkehr aus dem von ihnen schlüsselfertig übergebenen AU-Gebäude angezapft und mitgelesen. Auch wenn Chinas Botschafter umgehend dementierte, hat die Sache Sprengstoff, da die China-Begeisterung der Afrikaner generell der Ernüchterung weicht. Doch die Afrikaner konterten mit einer guten Nachricht: Die AU hat nun eigene Netzwerke installiert und die Chinesen vom Netz genommen. Eine afrikanische Lösung für ein afrikanisches Problem par excellence! 

Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen