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Kenyatta gefährdet Kenias Stabilität

Andrea Schmidt18. Juni 2014

Obwohl sich die Terrororganisation Al-Shabaab zu den jüngsten Anschlägen in Kenia bekannte, beschuldigt Präsident Kenyatta nun die Opposition. Eine erschreckende Wendung, meint Andrea Schmidt.

Andrea Schmidt, Leiterin der Kisuaheli-Redaktion der Deutschen Welle (Foto: DW/Per Henriksen).
Andrea Schmidt, Leiterin der Kisuaheli-Redaktion der Deutschen WelleBild: DW

Es ist ein fataler Fehler und eine gefährliche Propaganda: Die Terrororganisation Al-Shabaab bekennt sich zu Anschlägen in der kenianischen Küstenregion - und die kenianische Regierung reagiert mit gefährlicher Rhetorik. Präsident Uhuru Kenyatta beschuldigt die Opposition, hinter den Anschlägen zu stecken. Gerade hatte Oppositionsführer Raila Odinga nach seinem längeren USA-Aufenthalt einen nationalen Dialog gefordert: Ende des Tribalismus, Korruptionsbekämpfung sowie die längst überfälligen Reformen des Sicherheitssektors und der Polizei, wie es in der neuen Verfassung festgeschrieben ist. Das passt der Regierung augenscheinlich nicht. Statt mit der Opposition gemeinsam diese für die Zukunft Kenias so drängenden Probleme endlich anzugehen, will die Regierung offensichtlich mit der Schuldzuweisung von ihrer eigenen Unzulänglichkeit ablenken.

Die kenianischen Sicherheitskräfte gelten als inkompetent, brutal und korrupt. Bis heute ist der Anschlag auf das Westgate-Einkaufszentrum in Nairobi nicht aufgeklärt. Im September 2013 hatten wahrscheinlich nur einige wenige Terroristen die gut bewachte Shopping-Mall überfallen. Damals kamen 67 Menschen ums Leben. Wie viele davon von Al-Shabaab oder "versehentlich" von Sicherheitskräften getötet wurden, wird wohl nie aufgeklärt - genauso wie der Verbleib der Angreifer.

Unfähig, die Bevölkerung zu schützen

Trotz massiver Drohungen von Al-Shabaab vor neuen Anschlägen haben verstärkte Sicherheitsmaßnahmen im ganzen Land nichts gebracht. Denn wie kann es sein, dass somalische Terroristen am vergangenen Sonntagabend (15.06.) über die kenianische Grenze marschieren, stundenlang Menschen skrupellos massakrieren, Gebäude in Brand stecken und anschließend unbehelligt wieder verschwinden?

Die Anschläge treffen dabei auch das Herz der kenianischen Wirtschaft: Der Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige und Devisenbringer Kenias. Westliche Länder, darunter auch Deutschland, hatten nach den ersten Anschlägen Reisewarnungen ausgegeben.

Diese Unfähigkeit, die eigenen Bürger zu schützen, und der innerpolitische Zwist kommen letztendlich der Al Kaida nahestehenden Terrororganisation Al Shabaab zu Gute. Denn ein geschwächtes Kenia ist ein leichteres Ziel.

Hauptursache liegt in Somalia

Die Ermordung von muslimischen Geistlichen in Kenia und die mangelnde Aufklärung der Morde sind laut Al-Shabaab ein Grund für die neuen Terroraktionen. Die somalischen Terroristen rächen sich nach eigenen Angaben mit den Anschlägen aber vor allem für den Einsatz der kenianischen Truppen in ihrem Land.

Denn die Hauptursache der Terrorakte liegt nicht in Kenia. Sie liegt in Somalia, das seit Jahrzehnten keine funktionierende Regierung mehr hat. Die afrikanischen Truppen der AMISOM, die unter UN-Mandat die Islamisten in Somalia bekämpfen, benötigen Hilfe. Es fehlt an Ausrüstung wie etwa Kampfhubschraubern, um die selbsternannten Gotteskrieger in Somalia zu bekämpfen. Bis zu den Wahlen 2016 in Somalia müssen unbedingt wirksame politische Lösungen für das Land gefunden und moderate Kräfte unter den Islamisten mit einbezogen werden.

Auch wenn es zurzeit in vielen Teilen der Welt brennt, wie im Irak, Syrien, Südsudan oder Nigeria, darf sich der Westen von den Problemen am Horn von Afrika nicht abwenden. Eine weitere Destabilisierung und damit ein möglicher Flächenbrand in Ostafrika müssen unbedingt verhindert werden. Kenia mit seiner langen Grenze zu Somalia gilt als Bollwerk gegen die Islamisten. Die Welt darf nicht die Augen verschließen, rasche und wirksame Hilfe ist nötig. Präsident Kenyatta muss begreifen, dass Kritik der Opposition selbstverständlicher Bestandteil einer funktionierenden Demokratie ist, und lernen, damit umzugehen.

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