1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Pressefreiheit sieht anders aus

Carla Bleiker
Carla Bleiker
29. Mai 2020

In Minneapolis wurde bei Protesten ein CNN-Reporter-Team verhaftet. Das ist inakzeptabel - und lässt die USA, die sich als leuchtendes Beispiel der Pressefreiheit rühmen, als Heuchler dastehen, schreibt Carla Bleiker.

Bild: Reuters/CNN

Kurz nach fünf Uhr morgens. Omar Jimenez und sein Team berichten für CNN live von den Protesten gegen Polizeigewalt in Minneapolis. Hinter dem Reporter sieht man die State Police in Schutzausrüstung mit Helmen und Schlagstöcken, in der Luft hängt schwarzer Rauch. Es war in der Nacht zu Ausschreitungen gekommen, als die Menschen in Minneapolis ihrer Wut und Trauer Luft gemacht hatten, weil mit George Floyd wieder einmal ein afroamerikanischer Mann durch einen weißen Polizisten getötet worden war.

Die Stimmung ist also angespannt, als Jimenez, dessen Mutter ebenfalls Afroamerikanerin ist, mit seinem Team an diesem frühen Freitagmorgen an einer Straßenkreuzung in Minneapolis filmt. Aber damit, live vor laufenden Kameras verhaftet zu werden, hat der Journalist sicher nicht gerechnet. Auch seine Kollegen im Studio wirken geschockt.

DW-Korrespondentin Carla BleikerBild: privat

"Land of the free"?

Was die Zuschauer zu sehen bekommen, ist ein Reporter, der respektvoll fragt, wo sein Team den Beamten nicht im Weg sei, und Polizisten, die ihm zur Antwort Handschellen anlegen. Auf mehrmaliges Nachhaken, was der Grund für die Verhaftung sei, gibt es keine Reaktion. Jimenez trägt seinen Presseausweis, der ihn klar als Medienvertreter ausweist, und er und seine Kollegen erklären immer wieder, dass sie nur ihre Arbeit machen. Die Festnahme vor laufender Kamera erinnert an Szenen aus autoritären Regimes.

Aber die CNN-Journalisten wurden in den USA verhaftet, einem Land, das sich in der Nationalhymne als "Land of the free" rühmt. Der Staatschef dieser um Freiheit so bedachten Nation, Donald Trump, macht keinen Hehl daraus, dass er die meisten Journalisten, und speziell CNN, als Staatsfeinde ansieht. Mit seinen Tiraden gegen die Presse heizt er die Stimmung im Land an und sorgt dafür, dass eine freie Berichterstattung immer schwieriger wird. Das ist inakzeptabel.

Die falsche Seite einer Polizeikolonne

In einem Land, das nach außen hin so viel Wert auf individuelle Rechte und freie Meinungsäußerung legt, müssen Reporter frei berichten können. Bei Protesten und Polizeiaktionen ist die Situation angespannt und kann sich von einer Minute auf die andere ändern. Das ist aber keine Entschuldigung für die Festnahme von Journalisten, die sich plötzlich auf der falschen Seite einer Polizeikolonne wiederfinden.

Meinungsverschiedenheiten zwischen Presse und Polizei gibt es, seit es Journalisten gibt. Schließlich ist es der Job der Reporter, Bilder und Geschichten an die Öffentlichkeit zu tragen, selbst wenn darin die Gesetzeshüter nicht immer gut wegkommen. Aber wenn die USA als leuchtendes Beispiel für Pressefreiheit unter einer demokratischen Regierung anerkannt werden möchten, dürfen sie Journalisten, die ihnen im Weg sind, nicht in Handschellen abführen.

Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker
Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen