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Politik

Regierung startet Charme-Offensive

Marcel Fürstenau4. Mai 2015

Kanzlerin Merkel kommt "gerne" in den NSA-Untersuchungsausschuss, Innenminister de Maizière will "Rede und Antwort" stehen. Anschließend werden wir trotzdem nicht schlauer sein, meint Marcel Fürstenau.

Merkel und De Maiziere Sitzung des CDU-Bundesvorstandes
Bild: picture-alliance/dpa/Maurizio Gambarini

"Angriff ist die beste Verteidigung" - mit dieser Taktik versuchen manche Fußballteams, dem Gegner ihr Spiel aufzuzwingen. Nach dieser Strategie verfahren gelegentlich aber auch Militärs - oder Politiker. Wie erfolgreich die Akteure damit am Ende sind, hängt indes nicht nur von den eigenen Qualitäten ab. Schließlich handelt es sich um ein Duell, bei dem auch Fähigkeiten wie Geduld, Raffinesse oder Rhetorik entscheidend sein können. In Bezug auf die BND/NSA-Affäre ist es wahrscheinlich ein Mix aus allem.

Offensive ist nötig - denn die Bundesregierung ist bei diesem heiklen Thema erneut in die Defensive geraten. Der Vorwurf anscheinend bestens informierter Medien hat es in sich: Der deutsche Auslandsgeheimdienst BND soll seinem US-Pendant NSA beim Ausspionieren von Unternehmen und Politikern geholfen haben. Die besondere Brisanz liegt darin, dass Innenminister Thomas de Maizière (CDU) davon schon seit 2008 Kenntnis haben soll. Nach Tagen des Schweigens erklärte der ehemalige Geheimdienst-Koordinator vergangenen Mittwoch, er wolle "gerne zur Aufklärung" beitragen.

Deutsche Welle: Marcel Fürstenau Bild: DW

Schweigen löst automatisch Spekulationen aus

Allerdings will de Maizière unter Hinweis auf die Vertraulichkeit von Unterlagen nur das Parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste (PKGr) und den NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages informieren. Das ist sein gutes Recht, aber auch seine Pflicht. Deshalb stellt sich die Frage, warum er so lange geschwiegen hat? Dazu dürfte und sollte sich der Innenminister erklären können, ohne Geheimnisse verraten zu müssen. Das lange Schweigen löst zwangsläufig Spekulationen aus und nährt den Verdacht, die Regierung gebe immer nur zu, was nicht mehr zu widerlegen ist.

 

Mit dieser Taktik laviert sich das Kabinett Merkel seit den Enthüllungen des NSA-Whistleblowers Edward Snowden vor bald zwei Jahren mehr schlecht als recht durch die Affäre. Das liegt vor allem daran, dass man im Kanzleramt und im Innenministerium wohl auf ein schnell erlahmendes öffentliches Interesse spekulierte. Diese Rechnung konnte nicht aufgehen, und das ist im Sinne einer funktionierenden Gewaltenteilung auch gut so. Kritische Abgeordnete und findige Journalisten sorgen zum Glück schon dafür, dass möglichweise gesetzwidrige Praktiken der Geheimdienste zumindest ruchbar werden. Ob sie politische oder personelle Folgen haben, steht auf einem anderen Blatt.

Merkel greift in die Regie ein

Die in einer Demokratie selbstverständliche und unverzichtbare Kontrolle durch das Parlament und die Presse funktioniert trotz aller Mängel insgesamt ganz gut. Dafür spricht auch die von de Maizière eingeleitete und von der Kanzlerin persönlich am Montag fortgesetzte Charme-Offensive. Denn auch Merkel will nun "selbstverständlich" und "gerne" in den NSA-Untersuchungsausschuss kommen. Ihre ungewohnte Bereitschaft ist erkennbar der Versuch, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen. So weit war sie im Herbst 2013 schon einmal, als das Ausspähen ihres Handys durch die NSA bekannt geworden war. Doch den markigen Worten ("Ausspionieren unter Freunden, das geht gar nicht!"), folgten leider keine Taten.

Niemand sollte sich der Illusion hingeben, Merkel und die von ihr geführte Regierung würden Versäumtes jetzt nachholen. Die Bereitschaft, sich parlamentarischen Gremien zu stellen, ist nichts weiter als ein notwendiges Signal an die Öffentlichkeit. An der Zusammenarbeit zwischen deutschen und amerikanischen, aber auch anderen Partnerdiensten wird sich im Kern nichts ändern. Die Kooperation soll im Rahmen des Anti-Terror-Kampfes sogar intensiviert werden. Leider ist das wohl auch nötig, um die Sicherheit Deutschlands so gut wie möglich zu gewährleisten.

BND-Chef beklagt "mediale stückweise Zerlegung" seine Dienstes

Dass BND, NSA und wie sie alle heißen dabei stets legal spionieren, darf man angesichts der vielen Enthüllungen aus guten Gründen bezweifeln. Merkel selbst räumt rechtliche Defizite ein. Gegenseitiges Ausspionieren unter befreundeten Ländern? Es sei klar, "dass das nicht passieren sollte", sagte die Kanzlerin am Montag unter dem Eindruck der aktuellen BND/NSA-Affäre. Die Wortwahl erinnert sehr an ihre empörte Reaktion im Herbst 2013. Die Amerikaner können mit derlei Beschwichtigungen gegenüber der deutschen Öffentlichkeit gut leben. Und die NSA kann sich weiter auf den BND verlassen, obwohl dessen Präsident Gerhard Schindler zeitglich mit der Kanzlerin die "mediale stückweise Zerlegung" seines Geheimdienstes beklagte. Auch das gehört zur Taktik nach dem Motto "Angriff ist die beste Verteidigung".

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