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Politik

Ade, PSD!

Schwartz Robert Kommentarbild App
Robert Schwartz
27. August 2019

In Rumänien ist die Regierungskoalition aus Sozialdemokraten (PSD) und ihrem linksliberalen Juniorpartner ALDE geplatzt. Die postkommunistische PSD gleitet weiter in die Bedeutungslosigkeit ab, meint Robert Schwartz.

Premierministerin Viorica Dancila von der PSD will Präsidentin werdenBild: Getty Images/AFP/J. Thys

Ein Déja-vu à la roumaine: Schon wieder zerbricht eine ohnehin fragile Regierungskoalition kurz vor den Präsidentschaftswahlen. Verrat, Vertrauensbruch, gegenseitige Beschimpfungen, Schuldzuweisungen und ein angekündigtes Misstrauensvotum der Opposition: So wird in Rumänien nicht zum ersten Mal Politik gemacht.           

Die allein gelassenen Sozialdemokraten unter Premierministerin Viorica Dancila wollen sich mit einer Minderheitsregierung weiter an der Macht festklammern, die pseudo-liberale ALDE schmiedet neue Allianzen mit den PSD-Überläufern des ehemaligen Premierministers Victor Ponta, die konservativen National-Liberalen (PNL) in der Opposition wittern Morgenluft und trauen sich dann doch nicht so ganz, die Regierung zu übernehmen. Das Land ist trotz Wirtschaftswachstums heruntergewirtschaftet, der politisch motivierte Anstieg der Löhne und Renten ist finanziell nicht gedeckt, die vor drei Jahren groß angekündigten Projekte im Gesundheitswesen und in der immer noch prekären Infrastruktur sind Makulatur, nichts wurde bisher umgesetzt. Wer jetzt die Regierungsgeschäfte übernimmt, hat eine denkbar schlechte Ausgangsposition.  

International geächtet - sogar von den europäischen Sozialisten

Robert Schwartz leitet die Rumänische Redaktion der DW

Die noch regierende PSD steht vor einem Trümmerhaufen. Seit ihrem klaren Wahlsieg Ende 2016 hat sie laut Umfragen die Hälfte ihrer Stimmen verloren, drei Premierminister und fast 100 Minister verschlissen. Ihr "Maximo Líder" Liviu Dragnea sitzt wegen Korruption und Amtsmissbrauch hinter Gittern, die interimistische Parteichefin Dancila, eine Marionette Dragneas, versucht, durch Postengeschacher ihre Position zu retten und fährt dabei den Karren - sprich Partei und Regierung - an die Wand. International ist die PSD wegen ihres kontinuierlichen Angriffs auf Rechtsstaatlichkeit und Justiz geächtet - sogar von der eigenen Parteifamilie der europäischen Sozialisten.      

Dancila hat aber Blut geleckt und will ihren Weg ohne Rücksicht auf Verluste weitergehen. Ihr Ziel: das Präsidialamt. Und das ist der Hauptgrund der neuen Regierungskrise. ALDE-Chef und Senatspräsident Calin Popescu-Tariceanu hatte sich gute Chancen ausgerechnet, als Spitzenkandidat des Regierungsbündnisses aufgestellt zu werden. Doch die Premierministerin, eine bisher unscheinbare und willfährige Vollstreckerin ihres großen Vorbilds Dragnea, hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sie will selbst an die Spitze der Macht und hat ihre Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen im Spätherbst 2019 mit Pomp inszeniert. Dass nebenbei ihre Regierung platzen könnte, hat sie gern in Kauf genommen.

Dancilas Umfragewerte sind im Keller

Dancila sieht sich längst als Mutter der Nation, die für größere Aufgaben bestimmt ist. Was sie dabei völlig außer Acht lässt: ihre Umfragewerte sind im Keller. Mit 7,5 Prozent kommt sie nicht einmal auf die Shortlist der Kandidaten. Amtsinhaber Klaus Iohannis, der erneut antritt und von der PNL unterstützt wird, liegt in allen Umfragen mit über 40 Prozent einsam in Führung.

Keine Frage, die PSD befindet sich schon seit einiger Zeit im freien Fall. Mit diesem letzten Debakel dürfte sich die Partei rasant in die politische Bedeutungslosigkeit verabschieden.

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