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Reife Leistung, Gladbach!

DW Kommentarbild Sarah Wiertz
Sarah Wiertz
2. Februar 2019

Die Fohlen aus Mönchengladbach galoppieren nicht mehr wild auf dem Rasen herum, sie sind erwachsen geworden, meint DW-Redakteurin Sarah Wiertz zum Erfolg der Borussen - und zitiert Uli Hoeneß.

Bild: picture-alliance/Fotostand/Ellerbrake

Eines muss man Uli Hoeneß lassen - er ist recycelbar. Am zehnten Spieltag sagte der Präsident des FC Bayern vor der Presse: "Haben die [Mönchengladbach, Anm. d. Red.] mehr Punkte als wir? Nein. Höchstens das bessere Torverhältnis. Aber das interessiert mich nicht." Genau dieses Zitat kann man nun nach der doppelten Anzahl der Spieltage wieder hervorkramen. Denn die Borussia vom Niederrhein hat den deutschen Rekordmeister aus München - erneut aufgrund des besseren Torverhältnisses - vom zweiten Platz verdrängt.

Das wiederum interessiert Mönchengladbach nicht. Das einzige Ziel der Borussia ist nach den Worten der Verantwortlichen des Vereins die Qualifikation für die Champions League. Und doch zeigt das Team von Dieter Hecking eindrucksvoll, warum es mit den individuell besser bestückten Mannschaften von Borussia Dortmund und Bayern München in dieser Saison mithalten kann. Es liegt am gesunden Selbstverständnis, also dem Einschätzen der eigenen Fähigkeiten. "Das haben wir uns vor und während der Saison erarbeitet", erklärt Christoph Kramer, einer der beiden Torschützen beim 2:0-Sieg auf Schalke.

Ergebnisorientiert

Mit dem Selbstverständnis ist der Glaube eingekehrt, ein Spiel auch erst zum Schluss hin entscheiden zu können und zu müssen. Während die offensivfreudigen "Fohlen" noch in der vergangenen Spielzeit oft nervös und hektisch wurden, wenn es  mit einem Tor nicht klappen wollte, bleibt das Team in dieser Saison ruhig und abgeklärt bis zum Abpfiff. Oft erzielt die Borussia erst in der zweiten Halbzeit ihre Tore, so wie zuletzt gegen Augsburg (78. Minute/90.+3) und jetzt in Gelsenkirchen (85./90.+2). "Es dauert öfter, bis wir den Gegner klein gespielt haben", meint Kramer und fügt hinzu: "Die wenig spektakuläre Arbeit vorher ist mindestens genauso wichtig."

DW-Redakteurin Sarah Wiertz

Mit der wenig spektakulären Arbeit ist vor allem jene in der Defensive gemeint. Und die ist top. Mönchengladbach hat bisher lediglich 18 Gegentore zugelassen, nur Leipzig (ebenfalls 18) kann da mithalten. Zum zehnten Mal spielte die Borussia in dieser Saison zu Null - öfter als jedes andere Team. Michael Lang, Nico Elvedi und Oscar Wendt spielen eine solide Bundesliga-Saison, hervorzuheben sind in der Abwehr jedoch zwei Profis: Nationalspieler Matthias Ginter und Torwart Yann Sommer. Ginter sorgt für die nötige Disziplin, Sommer hält mit tollen Paraden sein Team im Spiel. So blieb die Borussia auch in Gelsenkirchen trotz unnötiger Abwehrfehler und unnötiger Gelber Karten vor der Pause ruhig. Und auch als trotz Überzahlspiel zunächst kein Tor fallen wollte, glaubte das Team weiter an sich.

Kramer: Vorbildlich

Und dann springen halt mal die Ersatzspieler in die Bresche. So wie diesmal Kramer und Florian Neuhaus, weil die sonst so torgefährlichen Spieler wie Alassane Plea und Thorgan Hazard nicht trafen. Überhaupt Kramer. Der Weltmeister von 2014 hat seinen Stammplatz verloren. Trotzdem ist von ihm kein negatives Wort zu hören. Im Gegenteil. Es sei eine "Sache der Ehre, mich wieder für die Startelf zu empfehlen", sagt Kramer. Soll heißen: Nicht meckern, nicht hadern - sondern Leistung bringen.

Mit dieser Einstellung ist Mönchengladbach die Champions-League-Qualifikation wohl kaum mehr zu nehmen. Wenn der Traditionsklub dabei auch noch den großen Favoriten und Rivalen aus den 1970er Jahren, den FC Bayern, ärgern kann, umso besser. Und geradezu komisch wäre es, wenn Mönchengladbach auch am letzten Spieltag vor den Münchenern stehen würde - aufgrund der besseren Tordifferenz.

Sarah Wiertz Teamleiterin Sport Online