Kommentar: Republik Moldau wählt pro-europäisch
1. Dezember 2014 Gezittert bis zum Schluss und dann doch noch die Erleichterung: das pro-europäische Lager in der Republik Moldau hat diese Parlamentswahlen für sich entschieden. Die Allianz aus Liberal-Demokraten, Demokraten und Liberalen hat eine knappe Mehrheit erreicht und wird nun versuchen, schnell die neue Regierung aufzustellen. Diese wird es aber nicht leicht haben im neuen Parlament. Die pro-russischen Sozialisten werden immer wieder daran erinnern, dass sie die eigentlichen Sieger der Wahl waren, da sie die stärkste Partei geworden sind. Zusammen mit den Kommunisten werden sie versuchen, die eine oder andere Reform zu bremsen. Aber sie werden auch versuchen, Gleichgesinnte in der pro-europäischen Allianz zu finden, wenn es um Themen wie Korruptionsbekämpfung, Stärkung der Justiz und Festigung des Rechtsstaats geht.
Die Regierung in Chisinau hat ein Votum bekommen, den Kurs des Landes in Richtung Europäische Union fortzuführen. Weitere vier Jahre also, um das im Sommer unterzeichnete Assoziierungs- und Freihandelsabkommen umzusetzen und das Land fit zu machen für einen Beginn der Beitrittsverhandlungen.
EU muss Farbe bekennen
Im aktuellen komplizierten geopolitischen Kontext aufgrund der Ukraine-Krise muss die EU nun Farbe bekennen: Meint sie es ernst mit der europäischen Perspektive der Republik Moldau, muss sie der Regierung einen klaren Termin für die mögliche EU-Integration des Landes nennen. Alles andere wäre ein Surrogat, das die Stimmung im Land noch stärker kippen könnte.
Doch jenseits dieser wichtigen symbolischen Geste braucht das Land wirtschaftliche und politische Unterstützung. Wegen des Handelsboykotts durch Russland verliert die Republik Moldau allein in diesem Jahr schätzungsweise 100 Millionen Euro. Die moldauischen Produzenten haben bisher nur zögerlich neue Märkte in der EU erschließen können. Eine Öffnung dieser Märkte ist ein erster Schritt, um die Lage zu entschärfen. Auch eine umfassendere Energielieferung in diesem Winter ist dringend nötig, da das Land nach wie vor weitgehend vom russischen Gas abhängt. Zudem wird erwartet, dass Russland zusätzliche Maßnahmen ergreifen wird, um Chisinau zur Räson zu bringen. In Russland arbeiten zur Zeit rund 500.000 Moldauer als Gastarbeiter. Sollten diese nach Hause geschickt werden, hätte die Republik Moldau einen rasanten Anstieg an Arbeitslosen zu verkraften. Investitionen aus EU-Mitgliedsstaaten sind dringend nötig.
Ein potenzieller Krisenherd
Politisch muss sich die EU verstärkt für eine Lösung des eingefrorenen Transnistrien-Konflikts einsetzen. In der separatistischen Region sind immer noch russische Militärs stationiert, obwohl sich Moskau bereits 1999 verpflichtet hat, die Truppen abzuziehen. Wegen der Ukraine-Krise befürchten viele Moldauer, dass der Konflikt in und um Transnistrien wieder ausbrechen könnte. Hinzu kommt die angespannte Lage in der autonomen Region Gagausien, in der pro-russische separatistische Tendenzen zugenommen haben.
Es bleibt also viel zu tun für die Europäische Union, wenn sie die europäische Perspektive der Republik Moldau nicht zu einer ewigen Fata Morgana verkümmern lassen will. Mehr zu tun hat allerdings die neue Regierung in Chisinau, die nach vielen Absichtserklärungen jetzt Schritt für Schritt nicht nur den Reformstau abbauen, sondern auch die einzelnen Punkte des Assoziierungsabkommens umsetzen muss. Dabei ist ihr die Unterstützung durch Partnerstaaten wie Deutschland klar signalisiert worden.