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Politik

Rumänien droht politische Endlosschleife

Schwartz Robert Kommentarbild App
Robert Schwartz
6. Februar 2020

Drei Monate nach Amtsantritt hat die liberale Minderheitsregierung die Unterstützung des rumänischen Parlaments verloren. Die Chance für einen politischen Neustart darf nicht wieder vertan werden, meint Robert Schwartz.

Der gestürzte rumänische Regierungschef Ludovic Orban hofft auf NewahlenBild: picture-alliance/dpa/V. Ghirda

Drei Monate und ein Tag - viel zu kurz für ein Kabinett, um längst fällige Reformen einzuleiten in einem Land, das auch 30 Jahre nach der Wende und 13 Jahre nach dem EU-Beitritt immer noch unter Korruption und prekärer Rechtsstaatlichkeit leidet. Viel zu lang aber für eine Regierung, die von Anfang an vorgezogene Neuwahlen angestrebt hat, um klare Verhältnisse zu schaffen und nicht länger von der Gnade der sozialistischen Opposition abhängig zu sein. Jetzt wurde diese Regierung gestürzt. 

Premierminister Ludovic Orban, Chef der National-Liberalen Partei (PNL), hatte nach seinem Amtsantritt Anfang November vergangenen Jahres die besten Voraussetzungen dafür, schnell Neuwahlen herbeizuführen. Die Unterstützung des liberal-konservativen Staatspräsidenten Klaus Iohannis war ihm gewiss, die Zivilgesellschaft hatte schon längst genug von dem bankrotten System, das die sozialistische PSD und ihre Kumpanen landesweit hinterlassen haben. Doch diese Entwicklung wurde einfach verschlafen.

Kommen jetzt Neuwahlen?

Jetzt müssen Iohannis und sein Wunschkandidat als Regierungschef, der geschasste Orban, hoch pokern, um nicht wieder im Parlament auf Gedeih und Verderb einer Zweckmehrheit ausgeliefert zu sein. Die Voraussetzungen dafür sind allerdings viel schlechter als noch vor drei Monaten: Die PSD hat offensichtlich nach ihrem Desaster rund um ihren früheren Parteichef Liviu Dragnea wieder langsam Fuß gefasst und treibt die PNL vor sich her. Mit einigem Erfolg.

DW-Redakteur Robert Schwartz

Laut Verfassung können vorgezogene Neuwahlen eingeleitet werden, wenn das Parlament innerhalb von 60 Tagen zwei Kabinettsvorschläge des Präsidenten ablehnt. Präsident Iohannis hatte bereits angekündigt, PNL-Chef Orban erneut mit der Regierungsbildung beauftragen zu wollen. Ob die PSD aber den jetzt von ihr geschassten Orban auch bei weiteren Abstimmungen geschlossen ablehnen wird, ist nicht so sicher. Denn bei vorgezogenen Neuwahlen würden ziemlich viele Abgeordnete ihr Anrecht auf Sonderrente verlieren, sollten sie vorzeitig aus dem Parlament ausscheiden. Und die regulären Parlamentswahlen finden ohnehin im November statt - wer will da freiwillig seine Vorteile wegen einiger Monate aufgeben? Also könnte durchaus ein neues Minderheitskabinett Orban den Regierungsauftrag bekommen und die vorgezogenen Neuwahlen wären abgeschmettert.

Die Situation könnte abstruser nicht sein: Die National-Liberalen selbst haben angekündigt, im Parlament gegen ihre eigene Regierung zu stimmen, um Neuwahlen zu erzwingen. Die Haltung ist aus ihrer Sicht dennoch verständlich: Noch liegt die PNL mit rund 45 Prozent in allen Umfragen vorn, die PSD kommt auf knapp 20 Prozent. Das kann sich aber schnell ändern, wenn eine neue Orban-Regierung durchkommt und bis November regieren muss. Drastische Reformen stehen an, die alle bisherigen Umfrage-Werte über den Haufen werfen könnten.

Streit um die Kommunalwahlen

Ein weiterer Zankapfel sind die Kommunalwahlen im Juni. Noch gilt das alte Wahlgesetz, demnach die Bürgermeister allein in einem einzigen Wahlgang bestimmt werden - wer die meisten Stimmen erhält, ist gewählt. Dadurch hat die PSD große Chancen, ihre Vormachtstellung auf lokaler Ebene zu behalten. Die PNL will hingegen die Forderung der Zivilgesellschaft nach zwei Wahlgängen umsetzen - dies war auch der Grund für den Misstrauensantrag, der zum Sturz der Regierung geführt hat. Wie dieses Gerangel ausgeht, wird wohl das Verfassungsgericht entscheiden. Auch hier hat die PSD wahrscheinlich die besseren Karten.

Tatsache ist, dass auch die kleinen Parteien eher den Schulterschluss mit der PSD suchen und die PNL ins Leere laufen lassen. Und von der pro-europäischen Newcomer-Partei USR-PLUS, die mit 15 Prozent drittstärkste Kraft in den Umfragen ist, kommt leider auch keine tragbare Lösung für die Dauerkrise in Rumänien. So sieht es dann eher nach einer politischen Endlosschleife aus als nach einer tatsächlichen Chance für einen Neustart.