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Politik

Sanierungsfall Bundeswehr

Nina Werkhäuser Kommentarbild App
Nina Werkhäuser
20. Februar 2018

Die Bundeswehr ist in einem erschreckend schlechten Zustand, konstatiert der Wehrbeauftragte des Bundestages. Sein Jahresbericht ist ein Armutszeugnis für das Verteidigungsministerium, meint Nina Werkhäuser.

Bild: picture alliance/dpa/U. Baumgarten

Wäre die Bundeswehr ein Patient im Krankenhaus, dann läge sie vermutlich längst im Sauerstoffzelt. In seinem nunmehr dritten Jahresbericht zeichnet der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels, ein dramatisches Bild vom Zustand der Truppe: Es klaffen große Lücken beim Personal und beim Material. So waren alle sechs U-Boote der Marine zum Jahresende außer Betrieb. Statt der planmäßig vorgesehenen 15 Fregatten hat die Bundeswehr nur noch neun. Katastrophal ist auch die Lage bei den Hubschraubern, von denen so viele defekt sind, dass die Bundeswehr-Piloten jetzt mit zivilen Maschinen üben müssen. Soldaten, die in den Auslandseinsatz oder zurück nach Hause geflogen werden müssen, warten oft tagelang auf den Transport. Es fehlen Schutzwesten und Stiefel. Und nicht zuletzt waren 2017 insgesamt 21.000 Dienstposten von Offizieren und Unteroffizieren unbesetzt.

Probleme werden verschleppt

Jedes Jahr gewährt der Bericht des Wehrbeauftragten einen schonungslosen Blick ins Innere der Bundeswehr. Auf 120 Seiten listet er diesmal auf, was Soldatinnen und Soldaten ihm berichtet haben und was er selbst bei seinen zahlreichen Truppenbesuchen in Erfahrung gebracht hat. Die meisten Probleme sind nicht neu. Sie wurden längst erkannt, aber - das ist das Tragische - noch längst nicht gebannt. Seit vielen Jahren wird unablässig an der Bundeswehr herumreformiert, vieles begonnen und wenig vollendet. Es fehlen die großen Linien, die konsequent über viele Jahre verfolgt werden. Stattdessen wird mal hier geflickt und mal dort - und allzu oft der Mangel verwaltet.  

DW-Korrespondentin Nina Werkhäuser

Nun unterstellt der Wehrbeauftragte weder der Verteidigungsministerin noch der militärischen Führung, dass sie immun seien gegen Ratschläge. Ganz im Gegenteil: Er lobt ausdrücklich die "Trendwenden", die Ministerin Ursula von der Leyen, seit vier Jahren im Amt, beim Personal, beim Material und bei den Finanzen ausgerufen hat. Doch die Proklamation allein reiche nicht. Tatsächlich sind die Trendwenden, die jeweils mit großem Wirbel proklamiert wurden, eher Papiertiger als gelebte Realität. De facto, so Bartels Fazit, sei die Einsatzbereitschaft der Truppe in den vergangenen Jahren tendenziell  noch schlechter geworden. Ein alarmierender Befund. 

Was heißt das nun für die Bundeswehr? Sind die Streitkräfte eines so wichtigen Landes wie Deutschland tatsächlich eine Trümmertruppe? Das Verteidigungsministerium wehrt sich: Die Bundeswehr könne alle derzeit laufenden 13 Auslandseinsätze ebenso erfüllen wie ihre Verpflichtungen in der NATO. Von den Bündnispartnern kämen auch keine Klagen. Das "grottenschlechte" öffentliche Erscheinungsbild der Bundeswehr sei daher nicht gerechtfertigt.

Mehr Tempo bitte

Dass nicht nur das Bild düster, sondern auch die Realität selbst bitter ist, darf sich das Verteidigungsministerium aber durchaus selbst zuschreiben: Wer ist denn verantwortlich dafür, dass die Truppe jahrelang auf Ersatzteile wartet, Probleme bei der Materialbeschaffung hat und unter den vielen schlechten Verträgen mit Rüstungsfirmen leidet? Sicher nicht die Soldaten selbst - sie können am wenigsten an dieser Misere ändern und versehen trotzdem oft mit bewundernswertem Einsatz ihren Dienst. Seit Jahren bittet man sie, Geduld zu haben - und darf sich dann nicht wundern, wenn ihr Langmut irgendwann aufgebraucht ist und sie sich beim Wehrbeauftragten beschweren. Sein Jahresbericht ist auch ein Armutszeugnis für das Verteidigungsministerium. 

Was also ist zu tun? An Geld mangelt es der Bundeswehr weniger, wohl aber an einem guten Krisenmanagement und an effizienten Lösungen, die ruhig auch mal unbürokratisch sein dürfen. Dass die Jahr um Jahr auf sich warten lassen, ist mehr als verwunderlich, wenn man die vielen Aufgaben der Truppe in den Blick nimmt. Hans-Peter Bartels hat einen guten Vorschlag parat, den das Verteidigungsministerium dringend beherzigen sollte: Eine "Trendwende Tempo", damit er einige der seit langem verschleppten Probleme im kommenden Jahr endlich aus seinem Bericht streichen kann.

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